Mit der Gesetzesnovelle wird nun auch in NRW das Verursacherprinzip rechtsverbindlich eingeführt. Danach müssen Investoren, deren Bauvorhaben eingetragene Baudenkmäler oder archäologische Fundplätze zerstören, die Kosten für ihre vorherige wissenschaftliche Dokumentation tragen, beispielsweise also für eine archäologische Ausgrabung. Diese Pflicht gilt auch für ein »vermutetes Bodendenkmal«, d.h. unabhängig von seiner rechtsverbindlichen Eintragung in die Denkmälerliste.
Eine weitere Neuerung ist das so genannte Schatzregal - zufällig gemachte archäologische Funde sind damit künftig Eigentum des Staates. Bisher wurden solche Funde in NRW hälftig zwischen Finder und Grundeigentümer geteilt. Nun müssen sie den Denkmalämtern gemeldet und abgegeben werden, wobei die Finder allerdings einen angemessenen Finderlohn erhalten sollen.
Weiterhin wird mit dem Gesetz das Betretungsrecht für Denkmalbehörden auf offene und eingefriedete Grundstücke eingeführt; dies dürfte die Arbeitsmöglichkeiten insbesondere für die Archäologie wesentlich verbessern, da so die rechtzeitige Untersuchung von Bodendenkmalen noch vor Beginn eines Bodeneingriffs deutlich erleichtert wird.
Mit ihren Neuerungen setzt die Gesetzesnovelle wesentliche Elemente der europäischen Konvention von Malta in das Landesrecht von NRW um und erfüllt langjährige Forderungen der Fachwelt. In einer Erklärung begrüßte die Deutsche Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (DGUF) die Einführung von Verursacherprinzip und Schatzregal in NRW ausdrücklich.
DGUF: »NRW 'verschenkt' mindestens 16 Mio. Euro pro Jahr«
Mit den nun im Gesetz spezifizierten Regelungen zum Verursacherprinzip »schenkt« das Land Nordrhein-Westfalen nach Recherchen der DGUF künftig den Investoren – z. B. Energiekonzernen und großen Bauträgern – jährlich mindestens 16 Millionen Euro. Diese Kosten müssen von den Kommunen, den Kommunalverbänden und dem Land getragen werden. Denn das neue Gesetz begrenzt die vom Verursacher einer Ausgrabung zu tragenden Kosten auf die »vorherige wissenschaftliche Untersuchung, die Bergung von Funden und die Dokumentation der Befunde«. Mit dieser Formulierung sind alle Kosten, die nach einer Ausgrabung entstehen, ausgeklammert, insbesondere nicht aufschiebbare Untersuchungen an vergänglichen Materialien und die teilweise sehr aufwendige Konservierung der Funde, z. B. von Metallfunden. Nach Erfahrungen von Archäologen und Denkmalpflegern in anderen Bundesländern belaufen sich die Nachsorgekosten von Ausgrabungen auf etwa 40-60% der reinen Grabungskosten. Da die Landesarchäologen die Einnahmen aus dem Verursacherprinzip mit etwa 40 Millionen Euro jährlich veranschlagen, schätzt die DGUF die Grabungsfolgekosten auf jährlich etwa 16 bis 24 Millionen Euro, die der Steuerzahler an Stelle der Verursacher tragen muss.
Diese Subventionierung von Investoren ist nicht nur für die DGUF umso unverständlicher, als das Land NRW die Zuschüsse für die Bau- und die Bodendenkmalpflege für das Jahr 2013 bereits um 2 Millionen Euro gekürzt hat, sie für 2014 weiter kürzen will und ab 2015 mutmaßlich eine völlige Streichung der Landeszuschüsse greift. Begründet wird dieses international einmalige Vorgehen mit dem harten Sparkurs des Landes.
Eine zweischneidige Sache: Das neue Schatzregal
Das neue Schatzregal dient dem Schutz unseres gemeinsamen kulturellen Erbes und wahrt die Interessen der Öffentlichkeit gegenüber Privatinteressen, beispielsweise gegenüber Findern römischer Münzen. Zudem fördert es die Rechtsgleichheit zwischen den Bundesländern. Nach Erfahrungen in anderen europäischen Staaten und nach Auffassung der DGUF werden die neuen Regelungen jedoch in der jetzt beschlossenen Formulierung zu einer massiven Steigerung der Fundunterschlagungen führen. Denn das Gesetz motiviert die Mehrheit der Finder nicht, ihre Funde auch tatsächlich zu melden und abzugeben. Ein gut gemeintes Gesetz, das in der Praxis nicht greift und bei dem Gesetzesverstöße kaum kontrollierbar sind, ist nur von begrenztem Wert.
Die DGUF hatte im Vorfeld dem Gesetzgeber einen Vorschlag an die Hand gegeben, der wesentlich zweckdienlicher gewesen wäre. Sie hatte ein modifiziertes Schatzregal vorgeschlagen, nach dem Funde zwar ebenfalls unmittelbar meldepflichtig und Eigentum des Landes wären, aber je hälftig im Besitz des Finders und des Grundeigentümers hätten bleiben können. Nähmen diese ihr Besitzrecht wahr, müssten sie die Funde nachweislich und dauerhaft sachgerecht aufbewahren, sie erhalten (konservieren) und die nötige Zugänglichkeit gewähren. Der Besitz an solchen Funden dürfte nicht verschenkt, verkauft oder vererbt werden. Eine solche Modifikation hätte die unterschiedlichen Interessen von Findern und Öffentlichkeit besser vereint und die Motive für Fundunterschlagungen ausgeräumt.
Das renovierte Gesetz stärkt den Denkmalschutz in NRW erheblich und verbessert die Arbeitsmöglichkeiten der Behörden. Schade, dass zwei gewichtige Schwachpunkte es nicht zum großen Wurf werden lassen.