Römische Gebäude mit einer Fußbodenheizung, einem sogenannten Hypokaustum, sind im Rheinland nicht selten. Doch als in der Pfarrer-Merck-Straße der noch völlig erhaltene Hohlraum der Heizung unter dem originalen Fußboden entdeckt wurde, waren die Archäologen und Archäologinnen des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) erstaunt. »Üblicherweise ist der Boden eingestürzt oder der Hohlraum anderweitig verfüllt. Dieser Befund ist also etwas Besonderes«, erklärt Dr. Jens Berthold, Leiter der für die Archäologie des Bonner Raumes zuständigen Außenstelle Overath des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland (LVR-ABR). Der Estrichboden ruht auf 65 Zentimeter hohen Ziegelsäulen, die in regelmäßigen Reihen auf einem Unterboden aufgestellt sind. Zwischen den Säulen konnte die Wärme zirkulieren, die mittels einer Feuerstelle an der westlichen Raumseite erzeugt wurde. Die zwischen Estrichboden und Säulen eingebaute Ziegeldecke diente zudem der Wärmespeicherung.
Die römischen Funde waren bei Bauarbeiten in der Pfarrer-Merck-Straße und der Hochkreuzallee freigelegt worden. BonnNetz, der Netzbetreiber in der Bundesstadt Bonn, hatte in der Pfarrer-Merck-Straße über 85 Meter Gasrohre neu verlegt und auf einer Länge von ca. 115 Meter Wasserleitungen ausgewechselt. Da in der geplanten Trasse mehrere Bodendenkmäler vermutet worden waren, wurden die Arbeiten von der archäologischen Firma Fundort begleitet, unter der fachlichen Leitung des LVR-ABR. Unerwartet waren die Funde daher nicht. Denn bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts ist bekannt, dass sich dort ein römisches Gebäude im Boden verbirgt. »Überraschend war für uns die vergleichsweise geringe Tiefe, in der die Funde unter der Oberfläche lagen und deren gute Erhaltung«, so Dr. Bettina Carruba von der Firma Fundort. Sie leitet die Untersuchungen in Friesdorf. Neben dem Raum mit der Fußbodenheizung kamen auch die Fundamente von zwei weiteren Räumen zum Vorschein. Außerdem konnte der Abschnitt einer Wasserleitung dokumentiert werden. Von der aufwendigen Innenausstattung der Räume zeugt die überdurchschnittliche Anzahl an bemalten Wandputzfragmenten, die das Team um Carruba bei der Maßnahme fand.
Die Dokumentation des Hohlraums gestaltete sich schwierig, da dieser nur durch ein schmales Loch im römischen Estrich einsehbar ist. Mit Hilfe von Videokameras gelang es den Hohlraum weitestgehend zu erfassen. Um die Größe des Hohlraums genauer nachvollziehen zu können, führte das LVR-ABR eine Messung mit dem Georadar durch. Mit dieser Methode ist es möglich Strukturen im Boden zu erkennen, ohne dass eine Ausgrabung notwendig ist. Dabei ließ sich im Radarbild erkennen, dass sich die Fußbodenheizung unter einem Raum mit einer Apsis befindet. Die volle Ausdehnung des Raumes und der Heizungsanlage ist allerdings auch hier nicht erfassbar, da die Gegebenheiten an der Oberfläche den Platz zur Messung beschränken.
Bereits Ausgrabungen Ende des 19. Jahrhunderts und in den 1920er sowie -50er Jahren hatten Mauern und Räumlichkeiten erfasst, die zu einem stattlichen römerzeitlichen Gebäude gehörten. Das Gebäude wird bisher als ein römisches Landgut, eine villa rustica, gedeutet. Die neuen Befunde lassen aber auch andere Funktionen möglich erscheinen. »Vielleicht haben wir es hier, südlich des Bonner Legionslagers, auch mit einer kleinen Badeanlage zu tun«, so Berthold. Um genaueres sagen zu können, müssen nun erst die Ergebnisse der Grabung ausgewertet werden.
In Abstimmung mit der Stadt Bonn und der SWB wird der Hohlraum nun mit Flüssigboden verfüllt. »Das soll nicht nur ein Absacken des Bodens verhindern, sondern vor allem auch diesen besonderen Befund konservieren«, erläutert Dr. Tanja Baumgart, die beim LVR-ABR für die Überwachung der Maßnahme verantwortlich ist. Durch Verwendung einer speziellen Mischung wird der Flüssigboden zwar fest, kann aber jederzeit wieder leicht entfernt werden. Auf diese Weise wird das Bodendenkmal vor Schäden durch das Einbrechen des Hohlraums gesichert und steht möglichen archäologischen Untersuchungen späterer Zeiten dennoch zur Verfügung.