Direkt unter dem Bodenbelag stießen die Archäologen auf Mauerreste. Eine bis zu 80 Zentimeter dicke Mauer verläuft in Nord-Süd-Richtung unter den nördlichen Gebäudeflügel des Gymnasiums. Funde von Keramikscherben aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts datieren die Mauer in diese Zeit. Sie gehörte wahrscheinlich zur Begrenzung des Klosterareals, das sich einst auf dem Gelände befand. "Das Kloster gehörte zu dem geistlichen Orden der Minoriten. Für die Klosterkirche ist überliefert, dass diese zwischen 1245 und 1260 errichtet wurde", erklärt Dr. Sveva Gai, Leiterin der LWL-Stadtarchäologie. "Die Datierung der Mauer würde also zur Bauzeit des Klosters passen."
Eine weitere Mauer bildet die Rückwand von zwei Räumen. In einem davon wurde ein schräger Lichtschacht eingelassen. Im zweiten Raum fanden die Archäologen Reste eines eingestürzten Gewölbes. "Das deutet darauf hin, dass sich hier im 13. Jahrhundert Keller befunden haben", erklärt Grabungsleiter Robert Süße. Auf dem benachbarten Schulhof vor der heutigen Theologischen Fakultät fanden die Archäologen bereits 2016 die Fundamente des ehemaligen Minoritenklosters. Die damals gefundenen Mauerreste stimmten mit einem Gebäudeplan aus dem Jahr 1592 überein. Doch dort, wo die Archäologen nun graben, zeigt der Plan ein unbebautes Gartenareal. "Daher hatten wir nicht damit gerechnet, hier auf Gebäudereste zu stoßen", erklärt Gai. Dass die Gebäude aus dem Spätmittelalter auf dem Plan nicht verzeichnet sind, bedeutet also, dass sie irgendwann vor 1592 abgerissen wurden.
Neben den Mauern fanden die Archäologen auf dem jetzt ausgegrabenen Areal auch mehrere Schachtanlagen. Ein knapp 13 Meter tiefer Brunnenschacht ist in dem alten Klosterplan bereits verzeichnet. Ein Sickersystem aus zwei Schächten und einem Steinkanal kann noch nicht eindeutig datiert werden. Wahrscheinlich nutzten es die Mönche zum Abführen von Abwässern. Bei zwei weiteren im Innenhof gefundenen Schächten handelt es sich wohl um Latrinen, die im Laufe des 17. Jahrhunderts als Abwasserschächte umfunktioniert und weiter benutzt wurden. Einer der Schächte besaß eine Abdeckung aus modernen Steinlagen und einem Ziegelgewölbe mit einer Wartungsluke. "Offenbar wurde der Abwasserschacht auch noch in modernen Zeiten genutzt", schlussfolgert Süße. An der Südwand des Innenhofs finden sich Spuren von mehreren kreisförmigen Gruben. Dunkle Bodenverfärbungen zeigen, dass darin einst Pfosten aufgestellt waren. Süße: "Eventuell handelt es sich dabei um die Überreste eines alten Baugerüstes."
Angesichts der unerwarteten Funde hat die Stadt Paderborn den Zeitrahmen für die Ausgrabung verlängert. "Die Grabung zeigt, dass nur Eingriffe in den Boden sichere und objektive Ergebnisse liefern, welche die existierenden Schriftquellen sehr gut ergänzen, aber niemals ersetzen können", führt Gai an. "Wir freuen uns, dass die Stadt das berücksichtigt. So können wir wichtige Erkenntnisse zur Geschichte Paderborns gewinnen." Spätestens bis Ende Juni sollen die archäologischen Arbeiten beendet sein.