Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) und der Technischen Universität Berlin (TU) entwickeln digitale Werkzeuge, um diese Fragen zu beantworten. Das interdisziplinäre Forschungsprojekt »Analogspeicher – Auralisierung archäologischer Räume« am Exzellenzcluster »Bild Wissen Gestaltung« der HU befasst sich seit 2015 mit der Akustik in der Antike am Beispiel des Forum Romanum in Rom.
Virtuelle Rekonstruktionen sowohl der Akustik als auch der Sichtbarkeit der Redner eröffnen dabei bislang unbekannte Einblicke in die alltägliche Situation politischer Kommunikation auf dem antiken Forum – und lassen präzise erkennen, wo Probleme bestanden und wie man auf diese zu reagieren versuchte.
»Die Volksversammlungen im Forum werden mit Hilfe von raumakustischen Simulationen und Auralisationen, also durch Verfahren der »Hörbarmachung« eines Ortes, erlebbar gemacht«, so Stefan Weinzierl, Professor für Audiokommunikation an der TU. Gleichzeitig erlaubt die virtuelle Simulation von Volksversammlungen im digitalen 3D-Modell des Forum Romanum Sichtperspektiven aus dem Publikum auf den Redner zu rekonstruieren und damit die visuelle »Untermalung« beim Hören zu überprüfen.
Auf dem antiken Forum konnten an verschiedenen Positionen Ansprachen gehalten werden. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben diese verschiedenen Orte in ihren akustischen und visuellen Rahmenbedingungen untereinander verglichen. Hieraus gewinnen sie neue Erkenntnisse über die konkrete Situation antiker Volksansprachen und schaffen somit die Grundlage für ein neues Verständnis vom Forum Romanum in seiner alltäglichen Benutzung.
»Das Forschungsprojekt stellt unter Beweis, wie wichtig und gewinnbringend die wissenschaftliche Arbeit mit virtuellen Rekonstruktionen sein kann«, so HU-Professorin für Archäologie, Susanne Muth. »Grundlegend ist dabei, dass die virtuellen Rekonstruktionen nicht nur zur Illustration von Wissensständen herangezogen werden, sondern ihrerseits als eigenes Instrument wissenschaftlicher Forschung eingesetzt werden.«
Professor Christian Kassung, Kulturwissenschaftler an der Humboldt-Universität, hebt die Gestaltungsperspektive des Projekts im Sinne der Clusterforschung hervor: »Es werden von uns nicht nur Antworten auf aktuelle Forschungsfragen gegeben, sondern zugleich ein Werkzeug hergestellt, das neue Fragen für zukünftige Forschung generiert.«
Die akustischen und visuellen Simulation der Ansprachen auf dem Forum können bis zum 22. Juli 2016 in der Ausstellung »Forum Romanum 3.0« im Hauptgebäude der HU erlebt werden.