Geomagnetische Analysen haben Auffälligkeiten unter der Oberfläche ergeben. Diese gilt es zu überprüfen. Mit der aktuellen Grabungskampagne erhoffen sich die Wissenschaftler neue Erkenntnisse zum Schlachtverlauf, die es ermöglichen das Kampfgeschehen noch besser nachzuvollziehen. »Ich rechne noch mit vielen Überraschungen, die das Schlachtfeld Kalkriese für uns bereithält. Die archäologischen Forschungen zur »Konfliktlandschaft Nördliches Wiehengebirge« sind noch lange nicht abgeschlossen, im Gegenteil, sie stehen erst am Anfang«, so Prof. Dr. Salvatore Ortisi, wissenschaftlicher Leiter des Projekts Kalkriese. Die Grabungspatenschaft hat der Oberbürgermeister der Stadt Osnabrück übernommen.
Das Schlachtfeld auf dem Oberesch in Kalkriese gehört zu den bedeutendsten römischen Fundplätzen in Deutschland. Durch die intensive archäologische Forschung ist es in den letzten Jahren gelungen, ein sehr differenziertes Bild von den Ereignissen im unmittelbaren Vorfeld einer als germanischer Hinterhalt gedeuteten Wallanlage zu bekommen. In den letzten Jahren konnten Mitarbeiter des Museums Kalkriese größere Bereiche im weiteren Umfeld des zentralen Schlachtfelds untersuchen. Dabei hat sich gezeigt, dass das von den Kampfhandlungen betroffene Gebiet wesentlich ausgedehnter war, als es die Wissenschaftler vorher vermutet haben. Deutlich lassen sich nun auch Kampfhandlungen in den germanischen Siedlungen der Umgebung und Absetzbewegungen römischer Truppen nach Norden, in das Große Moor hinein, fassen.
Diese Erkenntnisse werfen neue Fragen nach der Bedeutung des Kampfplatzes in Kalkriese auf. Gibt es im Bereich des Oberesch noch weitere, bisher nicht entdeckte, germanische oder römische Wälle und Gräben? War der Hinterhalt wesentlich ausgefeilter als wir das bisher angenommen haben? Gab es Versuche der Römer, sich hier unter dem Druck der germanischen Angriffe zu verschanzen? Konnten zumindest Teile der Legionen nach Norden entkommen und wenn ja, auf welchen Wegen?
Die Archäologen der Universität Osnabrück und des Museums und Parks Kalkriese versuchen nun, tatkräftig unterstützt von erfahrenen ehrenamtlichen Grabungshelfern, die ersten Fragen zu beantworten. Mit Hilfe eines langen »Suchschnitts« mit einer ca. vier Meter breiten und 150 Meter langen Fläche wollen sie klären, ob es auf dem Oberesch weitere Erdwerke eines germanischen Hinterhalts oder sogar römische Verschanzungen gibt.
Daneben hoffen sie auf aussagekräftige Funde, die weitere Hinweise auf die an der Schlacht beteiligten Truppen geben. »Die Ergebnisse werden das Bild, das wir vom Verlauf der Schlacht haben, in wichtigen Aspekten erweitern und ergänzen«, erklärt Prof. Ortisi. Schon jetzt konnte das Grabungsteam interessante Funde vermelden. Unter anderem einen Bronzering von einem Schwertgehänge, Teile von Silberblechen, ein Pilum und unterschiedliche Nägel.
Aufgrund der Baumaßnahme für das neue Projekt »Pavillon des Forschens« wird ab Mitte Juni ein zweiter Grabungsschnitt in der zweiten »Schneise« des Museumsparks angelegt.
»Kalkriese ist nach wie vor eine lebendige Quelle. Die Folgegrabung ist eine gute Ergänzung zu den derzeitigen wissenschaftlichen Fragestellungen. Nach wie vor wissen wir zu wenig Es bleibt also spannend«, freut sich Dr. Joseph Rottmann, Geschäftsführer der Varusschlacht im Osnabrücker Land. »Für unsere Besucher bereiten wir die neuesten Ergebnisse zeitnah auf: In den Führungen und ganz aktuell bei der »Stippvisite auf der Grabung« und am »Tag der offenen Grabung««, so Rottmann weiter.
Die derzeitige Grabungskampagne wird im Rahmen der Grundförderung durch den Kooperationsvertrag mit dem Land Niederachsen und dem Grabungsvertrag mit dem Landkreis Osnabrück ermöglicht. Projektbezogen haben die Varus-Gesellschaft, MBN Bau AG und die Firma Grotemeier die Grabungen unterstützt.