Seit Juni dieses Jahres finden in Zusammenhang mit einer umfangreichen Baumaßnahme des Landkreises Saalekreis zur Neugestaltung von Wegen und Plätzen innerhalb der Burg Querfurt archäologische Untersuchungen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt statt.
Seit der Präsentation erster Ergebnisse und Funde am 24. Juli 2018 sind die Grabungsarbeiten in der Burg Querfurt in den vergangenen Monaten trotz schwieriger Witterungsbedingungen zügig vorangeschritten. Der Grabungsabschnitt in der Westtoranlage wurde zu einem vorläufigen Ende geführt, die Grabungen zwischen Burgkirche und Korn- und Rüsthaus wurden fortgeführt und die Untersuchung neuer Flächen vor dem Giebel des Korn- und Rüsthauses sowie im Bereich des ehemaligen Wirtschaftsteils der Burg in Angriff genommen.
Inzwischen konnte das gesamte Areal des Westtores freigelegt und weitgehend untersucht werden. Von ganz besonderer Bedeutung ist der Nachweis von Resten zweier Toranlagen, die deutlich älter als die noch sichtbare Westtoranlage zu datieren sind. Der mit ihnen verbundene Zugang zur Burg muss gänzlich anders gestaltet gewesen sein, als es die heutige Situation zeigt.
Bei den beiden wieder entdeckten Toren handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Überreste der Anlagen aus dem 13. bzw. 14. Jahrhundert, die aus den Beschreibungen der Chronisten überliefert sind. Beeindruckend ist ein ca. acht Meter breiter und über vier Meter tiefer Graben in der heutigen Innenfläche der Westtoranlage. Er grenzte die Burg ursprünglich nach Westen ab, verlor jedoch mit Errichtung der heutigen Torsituation seine Funktion, wurde aufgegeben und verfüllt.
Zwischen der Burgkirche und dem ehemaligen Korn- und Rüsthaus wurden weitere Bestattungen freigelegt. Bemerkenswert ist die hohe Belegungsdichte. So wurden auf dieser kleinen Fläche bislang ca. 40 Bestattungen untersucht. An manchen Stellen wurden mindestens sechs Belegungshorizonte festgestellt, wobei die ältesten Bestattungen noch nicht freigelegt sind. Die bereits jetzt sichtbaren krankhaften Erscheinungen an einigen der Skelette (Hinweise auf Arthrosen und starke Abnutzungen am Bewegungsapparat, Zahnausfall und Spuren von Entzündungen am Kiefer etc.) zeugen vom schweren Leben und mangelnder medizinischer Versorgung in Mittelalter und früher Neuzeit.
Die archäologische Untersuchung vor dem Westgiebel des Korn- und Rüsthauses (heute Museum) steht noch am Anfang. Dennoch kamen bereits knapp unter der heutigen Oberfläche zahlreiche Reste ehemaliger Bauwerke zum Vorschein. Diese sind verschiedenen Phasen seit dem Mittelalter zuzuordnen und spiegeln eine rege Bautätigkeit in diesem wichtigen Teil der Burg wider. Eine Brandschicht gehört nach jetziger Kenntnis in das erste Viertel des 16. Jahrhunderts. Der Brand war möglicherweise der Auslöser für die überlieferte Bautätigkeit von Kardinal Albrecht, in dessen Besitz sich die Burg seinerzeit befand. In welchem Umfang der Kardinal bauen ließ, ist eine wichtige Frage an die weiteren Forschungen in diesem Bereich.
Vor einigen Wochen wurden Flächen im Bereich vor der Scheune und dem Eselsstall geöffnet. In diesem Bereich der Burg, der bislang noch nicht untersucht wurde, sind weitreichende neue Erkenntnisse zu erwarten. Schon jetzt ist zu erkennen, dass das Gelände im östlichen Burghof Spuren einer regen Bautätigkeit enthält, die Oberfläche jedoch auch immer wieder neu geformt und überprägt wurde. Massive Mauerwerksreste und Funde des 12./13. Jahrhunderts zeigen, dass diese Fläche – anders als bislang angenommen – im Mittelalter vielleicht doch nicht nur wirtschaftlichen Zwecken diente.
Neben den Geländebefunden trägt auch das Fundmaterial zum Verständnis der Baugeschichte bei. Als wichtige Quelle erweisen sich inzwischen die zahlreichen Ofenkacheln aus einer Schuttschicht vor den Kasematten der Westtoranlage.
Zurzeit können drei Öfen sicher unterschieden werden. Einer von ihnen ist mit der erwähnten Bautätigkeit unter Kardinal Albrecht im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts zu verbinden. Neben Portraits von Kurfürsten findet sich unter den bildlichen Darstellungen auf den grün glasierten Kacheln auch das Wappen des Kardinals selbst. In spätere Zeit, jedoch noch in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts datiert ein Kachelofen mit biblischen Motiven, der zu der bekannten Gruppe von sogenannten »Hans-Berman-Öfen« zählt. Für die Qualität der Ofenkacheln und die schiere Menge der Fundstücke lassen sich kaum Vergleiche finden und die Ofenkacheln der Burg Querfurt werden auch in Zukunft noch für Überraschungen gut sein.
Seit Beginn der archäologischen Ausgrabungen wird immer deutlicher, dass die Untersuchungsfläche in ihrer Gesamtheit betrachtet werden muss, um die im Boden verborgenen Zusammenhänge zu verstehen. Fast jede Bauphase der Burg hat deren Innenfläche in Teilen oder als Ganzes vergrößert. Häufig wurden die Oberflächen und Wegeführungen deutlich verändert.
Grundsätzlich lässt sich erkennen, dass die flächige Untersuchung des Burgareals zu einer deutlichen Präzisierung und Vertiefung unserer Kenntnisse der Bau- und Nutzungsgeschichte der Burg Querfurt führen wird.