Den Löwenmenschen virtuell begreifen

Studierende entwickeln Medienstation

Das Ulmer Museum ist um eine Attraktion reicher: Informatik-Studierende der Universität Ulm haben eine Medienstation entwickelt, mit der sich das älteste figürliche Kunstwerk der Menschheit, der Löwenmensch, dreidimensional inspizieren lässt.

Medienstation Löwenmensch
Die Medienstation zum Löwenmenschen im Ulmer Museum. Foto: Museum Ulm

Die neue, maßgeblich von Studierenden entwickelte Medienstation im Ulmer Museum informiert nicht nur über den 40.000 Jahre alten Löwenmenschen, sie macht auch einen virtuellen Rundgang durch den Fundort der Statuette, die Stadel-Höhle, möglich. Zudem können Nutzerinnen und Nutzer das umgebende eis- und neuzeitliche Lonetal aus der Vogelperspektive erleben. Über vier Semester haben (Medien-) informatik-Studierende von Professor Timo Ropinski, Leiter der Visual Computing Group, in enger Kooperation mit dem Ulmer Museum an der Station gearbeitet. »Es war ziemlich herausfordernd, verschiedene Datenstrukturen, darunter Scans des Lonetals aus dem Flugzeug oder volumetrische Daten zur Visualisierung des Löwenmenschen, für die Medienstation aufzubereiten«, erinnert sich Doktorand Julian Kreiser, der das studentische Projekt am Institut für Medieninformatik koordiniert. Dabei mussten die angehenden Informatiker nicht nur auf eine ansprechende Präsentation der Informationen achten, sondern auch eine komfortable Bedienbarkeit für alle Nutzergruppen gewährleisten.

Die neue Medienstation, die in deutscher und englischer Sprache zur Verfügung steht, ist nicht nur für Museumsbesucher eine Bereicherung: Auch die angehenden Informatiker haben fachlich von dem Projekt profitiert und waren mit viel Spaß dabei. Stolz präsentierte Koordinator Julian Kreiser eine Visualisierung des »Innenlebens« der Figur — sogar der Nervenkanal des verwendeten Mammut-Stoßzahns ist zu sehen. Für besondere Oberflächenscans des Löwenmenschen, der übrigens kürzlich ein Gastspiel im British Museum (London, UK) hatte, ist er sogar bis nach Schweden gereist.

Wenige Tage nach einer ersten Präsentation des virtuellen Löwenmenschen bei der Leistungsschau der Ulmer Medieninformatik, dem »Streiflicht«, ist die Station offiziell im Museum eingeweiht worden. Unter den prominenten Gästen war MWK-Staatssekretärin Petra Olschowski, die den Löwenmenschen als »eines der kostbarsten Kunstwerke, die wir in Baden-Württemberg und Deutschland haben«, bezeichnete. In der Medienstation sieht die studierte Kunsthistorikern eine große Chance, noch mehr – und vor allem junge, technikinteressierte – Museumsbesucher zu erreichen. Das neue Angebot stärke das Ulmer Museum und das UNESCO-Welterbe Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb.

Bei der Einweihung rekapitulierten Kurt Wehrberger, Kurator Archäologie am Museum Ulm, und Professor Ropinski die Entstehungsgeschichte der Medienstation: Am Anfang stehen ein Museumsbesuch des Informatikers sowie ein Framework, das Ropinski bereits 2012 entwickelt hatte, und das nun den virtuellen Löwenmenschen ermöglicht. »Für die Medienstation hat Kurt Wehrberger nicht nur Daten und Texte organisiert, sondern unsere Studierenden derart für das Projekt begeistert, dass mehrere Generationen mit großem Engagement mitgearbeitet haben«, so Ropinski. Das Konzept des Demonstrators könne problemlos auf weitere Medienstationen übertragen werden. Basierend auf der Visualisierung des Löwenmenschen werde zudem eine besonders detaillierte Replik der Statuette gefertigt.

Gemeinsam mit Museumsleiterin Dr. Stefanie Dathe dankten Ropinski und Wehrberger allen Unterstützern: Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg (MWK), die Stiftung Ravensburger Verlag sowie die Firmen Schwenk Zement KG und Kässbohrer Geländefahrzeuge AG haben das Projekt vollumfänglich finanziert.

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