Alarmierende Berichte über Raubgrabungen in aller Welt

Lücken im Kulturschutzgesetz sollen geschlossen werden

Nach Einschätzung der Unesco steht der Handel mit illegalen Antiken inzwischen an dritter Stelle der internationalen Kriminalität - direkt hinter Waffen und Drogen. Eine der Drehscheiben des illegalen Antikenhandels ist Deutschland. Die Frage, wie der Handel mit Raubgut aus Krisenregionen eingedämmt werden kann, stand im Mittelpunkt einer Konferenz in Berlin, die heute zu Ende ging. Kulturstaatsministerin Monika Grütters will noch in der ersten Jahreshälfte 2015 eine Novelle des Kulturschutzgesetzes vorlegen, die u.a. für alle importierten Antiken eine Ausfuhrerlaubnis des Herkunftslandes vorschreibt.

Die internationale Tagung »Kulturgut in Gefahr: Raubgrabungen und illegaler Handel« ist am Freitag in Berlin mit dem dringenden Appell zu Ende gegangen, illegale Grabungen und die damit verbundene systematische Zerstörung von Kulturschätzen der Menschheitsgeschichte weltweit einzudämmen. Redner aus aller Welt und etwa 350 Teilnehmer waren auf Einladung des Deutschen Archäologischen Instituts, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und des Deutschen Verbandes für Archäologie in den vergangenen beiden Tagen ins Auswärtige Amt gekommen, um darüber zu diskutieren, wie Raubgrabungen eingeschränkt und der illegale Handel mit Antiken gesetzlich verhindert werden können. Besonders dramatisch ist die Situation in Krisenregionen wie Syrien, dem Irak oder Ägypten. Hier wird nicht nur systematisch geplündert, die Zerstörung von Weltkulturerbe ist eine Folge von radikaler Ideologie. Am Ende der Tagung hat sich gezeigt, dass die Problemlage weltweit alarmierend ist. Das gilt für Ägypten, Syrien, den Irak oder Mali ebenso wie für Griechenland, Italien und Europa insgesamt. Auch in Afrika, Nord- und Südamerika und in Asien kommt es zu Raubgrabungen und illegalem Handel.

»Jede archäologische Grabung ist illegal, sofern sie nicht offiziell genehmigt ist. Wir brauchen für die Objekte, die gehandelt werden, eine Art ‚Antiken-Pass‘, aus dem die Exportgenehmigung des Herkunftslandes ersichtlich ist. Der Handel sollte sich aus eigenem Interesse eine Selbstverpflichtung auferlegen, nur Objekte mit eindeutiger Provenienz zu verkaufen und dies langfristig zu dokumentieren. Es geht auch darum, Touristen zu sensibilisieren, die sich aus dem Urlaub ein antikes Souvenir mitbringen wollen und damit ungewollt Raubgrabungen befördern«, sagte Friederike Fless, Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts. Diesen Ansatz verfolgt auch die Novellierung des Kulturschutzgesetzes, das derzeit von Kulturstaatsministerin Grütters vorbereitet wird.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters betonte: »Raubgrabungen und der illegale Handel mit Kulturgut gefährden massiv unser aller kulturelles Erbe. Es werden nicht nur einzelne nationale oder ethnisch relevante Kontexte zerstört, sondern hier wird das Gedächtnis der Menschheit beschädigt. Dies ist besonders dramatisch in aktuellen Krisensituationen. Raubgrabungen sind aber ein generelles, weltweites Problem. Es ist unsere Aufgabe, das Bewusstsein für dieses Unrecht und für diese Art der Kriminalität zu schärfen und verantwortungsvolles Handeln einzufordern.«

In einem gemeinsamen Appell fordern die Kulturstaatsministerin und die Kultusministerkonferenz alle am Antikenhandel beteiligten Akteure auf, Kulturgut nur mit hinreichenden und glaubhaften Angaben und Nachweisen zu Provenienz und Herkunft zu erwerben, zu handeln oder zu versteigern. Zudem wird in dem Appell die Beachtung und Einhaltung bestehender Übereinkommen und Handelsverbote von UNESCO und EU sowie der zahlreichen Selbstverpflichtungen und Verhaltenskodizes des Kunsthandels- und Versteigerungsgewerbes eingefordert. »Mehr Transparenz und Klarheit beim Erwerb von Kulturgut sind essentiell und daher auch im Interesse des deutschen Kunsthandels.«, erklärte Grütters am Donnerstag.

Auch für die Museen gewinnt die Herkunftsforschung für archäologische Werke immer mehr an Bedeutung. Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, sprach sich dafür aus, alle archäologischen Objekte, die nach 1970 erworben worden sind, untersuchen zu lassen. »Die Qualität einer Sammlung hängt heute auch entscheidend von der Qualität der Provenienzen ab. Transparenz der Erwerbungsumstände ist dafür unabdingbar. Zudem sind die Experten aus den Museen wichtige Partner bei der Kriminalitätsbekämpfung. Sie werden immer stärker bei der Identifizierung von Antiken gebraucht und arbeiten intensiv mit Polizei und Zoll zusammen. Der Ausbau von Objekt-Datenbanken und Geo-Informationssystemen wie derzeit für Syrien im Aufbau sind entscheidende Instrumente für ein internationales Vorgehen gegen illegalen Handel«, so Parzinger.

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