Kulturgut in Gefahr: Konferenz zu Raubgrabungen und illegalem Handel

Raubgrabungen, Plünderungen von Kulturerbestätten und der illegale Handel mit gestohlenen und unrechtmäßig ausgeführten Kulturgütern sind ein weltweites Problem. Der verbrecherische Handel mit Kulturgut steht an vorderer Stelle der weltweiten Kriminalitätsstatistik: neben Waffen- und Drogenhandel sowie der Cyberkriminalität. Bei einer internationalen Konferenz am 11. und 12. Dezember 2014 im Auswärtigen Amt in Berlin werden Experten darüber diskutieren, wie Politik, Wissenschaft und Kultureinrichtungen auf Raubgrabungen und den illegalen Handel mit Kulturgut besser reagieren können und welcher nationaler und internationaler Maßnahmen es dafür bedarf.

Kulturgut in Gefahr

Politische Krisen, wirtschaftliche Notlagen und nicht zuletzt das Agieren von Terrororganisationen zerstören Kulturgut, erschweren die Überwachung archäologischer Stätten und machen den Handel mit illegal ausgegrabenen Objekten zu einem lukrativen Geschäft. Vom Nahen und Mittleren Osten über Asien und Lateinamerika bis Afrika bedrohen Raubgrabungen, Plünderungen und der illegale Handel mit Kulturgut das Kulturerbe der Menschheit. Auch in Europa sind Raubgrabungen ein Problem: selbsternannte Hobbyarchäologen suchen z.B. mit Sonden nach verschwundenen „Schätzen» und zerstören dadurch wichtige Fundkontexte.
Im Jahr 2007 hat sich Deutschland mit dem Beitritt zur UNESCO-Konvention von 1970 über »Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut« völkerrechtlich verpflichtet, gegen den illegalen Handel mit Kulturgut vorzugehen und unrechtmäßig ausgeführtes Kulturgut zurückzugeben. Zur Umsetzung ins nationale Recht wurde daher 2007 das Kulturgüterrückgabegesetz verabschiedet. Zugleich baten Bundestag und Bundesrat, die Auswirkungen des Gesetzes zu evaluieren. Im April 2013 wurde daher der Bericht der Bundesregierung zum Kulturgutschutz in Deutschland vorgelegt. Der Bericht empfiehlt zahlreiche gesetzliche Änderungen. Kulturstaatsministerin Prof. Monika Grütters erarbeitet daher derzeit in Anpassung an neues EU-Recht ein neues Gesetz.

Am 11. und 12. Dezember richten das Deutsche Archäologische Institut (DAI), die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und der Deutsche Verband für Archäologie zusammen mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und dem Auswärtigen Amt in Berlin eine internationale Tagung zur Problematik des illegalen Kulturguthandels aus. Ziel der Konferenz ist es, einen aktuellen Überblick  über die Lage in besonders von Raubgrabungen und Plünderungen betroffenen Ländern, insbesondere in Krisenregionen, zu erhalten. Darauf aufbauend soll über rechtliche und administrative Mechanismen diskutiert werden, die Vorbildcharakter für die Entwicklung eines effektiven Kulturgutschutzes haben können. Unter den Teilnehmern werden sich auch Vertreter der betroffenen Staaten befinden.

Neue Gesetzliche Grundlagen gegen Handel geplant

Die Stiftungsratsvorsitzende der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Staatsministerin für Kultur und Medien, Prof. Monika Grütters, unterstreicht die Bedeutung der Tagung und erklärt: »Es geht um einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des kulturellen Erbes der Menschheit. Raubgrabungen und der illegale Handel mit Kulturgut gefährden dieses Erbe. Es ist unsere Aufgabe, das Bewusstsein hierfür zu schärfen und effektivere gesetzliche Rahmenbedingungen zum Schutz auch nationaler kultureller Identität zu schaffen. Mit der Novellierung des Kulturgutschutzrechts in Deutschland werde ich hierzu im kommenden Jahr einen Gesetzesentwurf vorlegen, der die gesetzlichen Grundlagen neu ordnet und somit einen wesentlichen Beitrag im Vorgehen gegen den illegalen Handel mit Kulturgut leisten wird.»

Internationaler Terrorismus profitiert vom Antikenhandel

Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Maria Böhmer, die auch Vorsitzende des Welterbekomitees der UNESCO ist, hebt hervor: „Der Handel mit illegal exportierten Kulturgütern wird zunehmend zu einer wichtigen Finanzierungsquelle des internationalen Terrorismus. Syrien und Irak, zwei große Kulturnationen, erleben derzeit nicht nur eine menschliche, sondern auch eine kulturelle Katastrophe. Die Europäische Union hat den Import, Export und Handel mit illegal ausgeführten irakischen und syrischen Kulturgütern bereits verboten. Aber das reicht nicht. Der Handel mit illegal verbrachten Kulturgütern muss weltweit verboten und unterbunden werden. Auch Kunsthändler und Kunstliebhaber müssen sich bewusst machen, dass sie mit Kauf und Verkauf von illegal verbrachten Antiquitäten Gefahr laufen, terroristische Organisationen wie den Islamischen Staat zu finanzieren.«

Wichtige Erkenntnisse gehen unwiederbringlich verloren

Einer der Gastgeber der Konferenz, der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Präsident des Deutschen Verbandes für Archäologie, Prof. Dr. Hermann Parzinger, ergänzt: „Kulturgut muss effektiver geschützt werden, denn es hat nicht nur einen materiellen Wert: Das archäologische Erbe eines Landes stiftet grundsätzlich Identität. Das gilt auch für Krisenländer und Gesellschaften im Wiederaufbau. Durch illegale Grabungen gehen der Wissenschaft wichtige Fundkontexte verloren, ganze Grabungsstätten und Grabungszusammenhänge werden für immer zerstört – archäologische Untersuchungen, die die Objekte einer Zeit oder Kultur zuordnen könnten, sind dadurch nicht mehr möglich. Wichtige Erkenntnisse gehen so unwiederbringlich verloren. Die Konferenz wird neue Antworten auf die bedrohliche aktuelle Lage finden müssen.»

Weltweite Haltung ist nötig

„Raubgrabungen sind ein internationales Phänomen. Unser Kenntnisstand über das Ausmaß der Zerstörung des kulturellen Erbes ist jedoch sehr unterschiedlich. Es ist schwer, sich ein konkretes Bild in den Kriegsgebieten zu machen. Wo und in welchem Umfang archäologisches Kulturgut illegal ausgegraben wird, wissen wir durch die Objekte, die im Kunsthandel auftauchen, durch Satellitenbilder und durch Berichte aus den Ländern. Nur konkrete Maßnahmen und eine gemeinsame internationale Haltung können dazu beitragen, den Handel damit und seine Quelle, die weltweiten Raubgrabungen, zu unterbinden«, sagt Friederike Fless, Präsidentin des Deutschen Archäologischen Instituts.

Bis zum 24. November ist noch eine Anmeldung zur Teilnahme an der Tagung möglich. Informationen zur Anmeldung finden Sie hier.

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