Größter eisenzeitlicher Waffenhort in NRW auf der Wallburg Wilzenberg entdeckt

Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) haben am Mittwoch (31.3.) gemeinsam mit der Stadt Schmallenberg (Hochsauerlandkreis) auf dem Wilzenberg einen besonderen Fundkomplex präsentiert: In den vergangenen drei Jahren ist hier ein einzigartiger Waffenhort aus der Eisenzeit entdeckt worden.

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Eisenzeitliche Waffenfunde 2018-2020
Teile der Neufunde aus den Jahren 2018 bis 2020. Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Hermann Menne

»Der Waffenhortfund ist der größte in NRW und verknüpft zudem das Sauerland mit komplexen Vorgängen im eisenzeitlichen Europa«, ordnet LWL-Archäologe Prof. Dr. Michael Baales, Leiter der Außenstelle Olpe, den Fund ein. Die Fundstücke seien von großer Bedeutung für die Archäologie im Land und beleuchteten die kultischen Handlungen eisenzeitlicher Krieger nach einer gewonnenen militärischen Auseinandersetzung.

Die Wallburg auf dem »Heiligen Berg des Sauerlandes«

Der heute als Ausflugs- und Pilgerziel bekannte Wilzenberg wurde bereits von den Menschen in der Eisenzeit, ungefähr zwischen 300 v. Chr. und Christi Geburt, zu besonderen Anlässen besucht. Auf der Kuppe des Berges befinden sich mehrere noch sichtbare Wälle, die die Fachleute als Ruinen einer Befestigung aus Holz, Steinen und Erde (sog. Wallburg) erkannt haben. Zwischen 2018 und 2020 führte Heimatforscher Matthias Dickhaus im Auftrag und in enger Abstimmung mit der LWL-Archäologie für Westfalen Begehungen mit dem Metalldetektor durch. Dank seiner »mustergültigen Dokumentation« konnten rund 100 Fundstücke aus der Zeit der Kelten geborgen werden.

Die Waffen der Besiegten wurden rituell getötet

»Denkbar ist nach aktueller Forschungslage, dass im Umfeld des Wilzenbergs ein Kampf stattfand und die Sieger ihren Triumph vollendeten, indem sie die erbeuteten Waffen, Gürtel und Pferdegeschirre auf die Wallburg brachten«, erklärt LWL-Archäologe Dr. Manuel Zeiler. Die Sieger haben offenbar viele der Stücke mutwillig beschädigt, bevor sie dann auf dem Wilzenberg zur Schau gestellt und sich selbst überlassen wurden. Diese Vermutungen stützen sich auf Ergebnisse französischer Forschungen, die zeigen, dass solche Kulthandlungen im eisenzeitlichen Europa vor allem in der keltischen Kultur und an ihrer Peripherie stattfanden. Waffen unterlegener Gegner wurden dabei rituell zerstört, in der Regel ging diesen Handlungen eine Schlacht voraus.

Bereits 1950 wurden am Wilzenberg zufällig zwei Speer- und Lanzenspitzen, die in zwei Schwerter eingewickelt waren, ausgegraben. Nicht nur die Schwerter waren verbogen, auch die Spitzen waren absichtlich deformiert worden.

Die rund 40 Spitzen von Speeren und Lanzen, Bruchstücke von Schildbuckeln und Pferdegeschirrteile sowie Werkzeuge ergänzen nun das Bild. Besonders in den letzten Jahrhunderten v. Chr. wurden im Raum zwischen Frankreich im Westen und der Slowakei im Osten immer wieder derartige Waffendepots angelegt. Nun kann der Hortfund vom Wilzenberg im Sauerland möglicherweise Forschungslücken schließen.

Burkhard König, Bürgermeister der Stadt Schmallenberg: »Der Wilzenberg mit seiner langen, bewegten Historie ist aus der Entwicklung der Stadt Schmallenberg nicht wegzudenken. Neben vielen sichtbaren, aber auch vielen im Verborgenen befindlichen Artefakten unterstreicht der Waffenfund ums Neue seine Bedeutung. Ich darf mich bei allen Akteuren, ganz besonders beim LWL, für die Mühen bedanken und zu dem Fund ganz herzlich gratulieren.«

Krieger auf dem Streitwagen

Unter den Fundstücken sticht eines besonders hervor: Ein Teil einer sehr seltenen Art von Pferdetrensen. Die vorhandenen Griffteile zum Führen des Pferdes legen nahe, dass diese Trensenart bei Pferden verwendet wurde, die einen Streitwagen zogen. Das Gebissstück ließ eine sehr präzise und direkte Lenkung des Pferdes zu - für einen Krieger auf einem Streitwagen im Gewimmel einer Schlacht überlebenswichtig.
Alle Fundstücke, die der Heimatforscher Dickhaus entdeckt hatte, befanden sich recht nah an der Erdoberfläche. Durch Ausgrabungen konnte 2020 rekonstruiert werden, wie die Stücke, die nicht bewusst vergraben wurden, in den Boden kamen: Die Sieger stumpften die Schneiden der Lanzen- und Speerspitzen ab oder verbogen sie, zerbrachen eiserne Schildbuckel und ließen sie einfach liegen. Im Lauf der Jahrhunderte sedimentierten (versanken) die Überreste einfach ins Erdreich.

»Die Beschädigungen entstanden eindeutig nicht während eines Kampfes, und folglich ist der Wilzenberg kein Schlachtfeld«, betont Zeiler. Diese Ereignisse spielten sich in der jüngeren Eisenzeit ab. Da die Waffen nicht eng datierbar sind, ist nicht klar, ob hier über Jahrhunderte Waffen beschädigt und niedergelegt wurden oder ob dies im Rahmen eines einzigen Ereignisses stattfand.

Wilzenberg
Blick von Nordosten auf den Wilzenberg. Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Michael Baales
Gürtelhaken aus Buntmetall
Unter den wenigen Buntmetallobjekten des Hortes finden sich auch Gürtelhaken wie dieser. Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Hermann Menne
Hortfund aus dem Jahr 1950
Teile des im Jahr 1950 entdeckten Waffendepots. Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Hermann Menne