7.000 Jahre alte Sensationen aus Steinzeitbrunnen

Unter Laborbedingungen haben Spezialisten des Landesamtes für Archäologie Sachsen (LfA) zwei hölzerne Brunnen der jungsteinzeitlichen linienbandkeramischen Kultur freigelegt und konserviert. Die gut erhaltenen Holzfunde ermöglichten eine genaue Bestimmung der Bauzeit auf das Jahr 5.134 v. Chr. Die Brunnen waren 2014 im Tagebau Vereinigtes Schleenhain im Block geborgen worden. Gestern präsentierten Vertreter des Landesamtes das bisherige Ergebnis der jahrelangen Arbeiten.

Nachrichten durchblättern
Bandkeramischer Brunnen aus Tagebau
Blick in den Brunnenkasten während der Freilegungsarbeiten. Foto: © Landesamt für Archäologie Sachsen, Frank Schell

Im September 2014 wurden im MIBRAG-Tagebau Vereinigtes Schleenhain zwei ca. 7.000 Jahre alte, jungsteinzeitliche Brunnen im Block geborgen und in eine Werkhalle nach Großstolpen bei Groitzsch gebracht, wo sie unter Laborbedingungen untersucht werden konnten.

Während man sich im Jahr 2015 auf den kleineren der beiden Brunnen konzentrierte, erforschte man im Anschluss den fast 32 Tonnen schweren großen Brunnenkasten. Mittlerweile sind die Arbeiten nahezu abgeschlossen und das Team von Grabungsleiter Frank Schell nähert sich der Brunnensohle. »Eine dendrochronologische Untersuchung des ausgesprochen gut erhaltenen Brunnenkastens aus massiven Eichenbohlen ergab, dass die Hölzer im Jahr 5134 vor Christus geschlagen und im Anschluss auch zügig verbaut worden sind«, erklärt Harald Stäuble, Referatsleiter Braunkohle des Landesamtes.

In der Verfüllung des Brunnens fanden sich neben einer großen Anzahl von relativ kleinteiligen Funden insgesamt zwölf vollständige, zum Teil zerbrochene linienbandkeramische Keramikgefäße unterschiedlicher Form und Größe. Eine Sensation sind zwei Gefäße, die mit auf Birkenpech aufgeklebten, filigranen Birkenrindenbändern verziert worden sind. Sie sind eindrucksvolles und ausgesprochen seltenes Zeugnis der Kunstfertigkeit der ersten Bauern Sachsens. »Die Objekte sind ein einzigartiges Zeugnis des Gestaltungswillens dieser frühen Kultur. In diesem exzellenten Erhaltungszustand finden sich so bisher ausschließlich in Sachsen«, so die Landesarchäologin Regina Smolnik.
Ein Großteil der Gefäße wurde en bloc geborgen und direkt in den Restaurierungswerkstätten des LfA konserviert. Besonders die Objekte mit den organischen Auflagen sind so empfindlich, dass eine unmittelbare Bearbeitung notwendig war.

Eine Überraschung bot sich den Archäologen mit Erreichen der Brunnensohle: Dort stieß man auf vier Schöpfgefäße aus Rindenbast, die den Menschen vor 7.000 Jahren beim Wasserholen anscheinend entglitten waren. Die gut erhaltenen Funde zeigen unterschiedliche Herstellungsmethoden und sind ein seltener Glücksfall für die Archäologie, denn sie erhalten sich nur unter optimalen, in diesem Fall permanent feuchten, Erhaltungsbedingungen.

Die Bergung und Untersuchung der Brunnen in Großstolpen war nur mit der großzügigen Unterstützung der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft mbH möglich. Die MIBRAG finanziert die archäologischen Untersuchungen im Vorfeld des Braunkohletagebaus und fördert mit der eigens ins Leben gerufenen Stiftung Pro Archaeologia Saxoniae archäologische Projekte. »Der Bergbau in der Region fördert nicht nur Braunkohle, sondern öffnet durch die archäologischen Untersuchungen im Vorfeld auch vorübergehend ein Zeitfenster der Menschheitsgeschichte«, so Sylke Saupe, Leiterin Liegenschaften/Umsiedlung von MIBRAG.

Linienbandkeramisches Gefäß mit Birkenrindenbändern
7000 Jahre altes linenbandkeramisches Gefäß, das mit auf Birkenpech aufgeklebten, filigranen Birkenrindenbändern verziert ist. Foto: © Landesamt für Archäologie, Ilona Gläser