Älter und jünger als gedacht

LWL-Archäologen datieren Gräberfeld in Löhne neu

Bei der Auswertung einer bereits vor einigen Jahren abgeschlossenen Grabung erlebten Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) jetzt eine Überraschung: Die Funde sind älter als gedacht und reichen bis in das 8. Jahrhundert vor Christus zurück.

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Grabbeigaben des »Gohfelder Reiters«
Im Grab des sogenannten Gohfelder Reiters befanden sich mehrere Beigaben, darunter auch die Reitersporen, die dem Toten im Nachhinein seinen Namen gaben. Foto: LWL/C. Hildebrand

Bereits in den Jahren 2012 und 2013 hatte die LWL-Archäologie für Westfalen in Löhne (Kreis Herford) auf dem Scheidkamp Ausgrabungen unternommen. Die Experten des LWL entdeckten damals ein Gräberfeld und datierten es anhand der Funde auf die Zeit um 400 nach Christus. Diese Funde sollen nun in einer Ausstellung des Heimatmuseums der Stadt Löhne gezeigt werden.

Aus diesem Anlass beschloss die LWL-Archäologie einige der Gräber mithilfe moderner Methoden genauer zu datieren. »Damals wurden die Toten verbrannt und dann in Gräbern bestattet«, erläutert Dr. Sven Spiong, Leiter der Außenstelle Bielefeld der LWL-Archäologie. »Die in der Asche enthaltenen Holzreste können wir mithilfe der sogenannten Radiokarbonmethode datieren.« Auf diese Weise lässt sich der Zeitraum der Bestattungen genauer bestimmen.

Einige der Gräber waren rund 200 Jahre älter, als bisher angenommen, andere dafür rund 200 Jahre jünger. »Das war für uns eine kleine Überraschung«, erzählt LWL-Archäologin Dr. Julia Hallenkamp-Lumpe. »Aus diesem Anlass haben wir uns dazu entschieden noch weitere Gräber zu untersuchen.« Dabei stellte sich heraus, dass manche Bestattungen sogar noch älter waren und in einen Zeitraum zwischen dem 8. und 5. Jahrhundert vor Christus zurückreichten.

»Für die Region ist das etwas Besonderes«, so Spiong. »Das Gräberfeld wurde offenbar über einen Zeitraum von bis zu 1.500 Jahren immer wieder von den ortsansässigen Menschen aufgesucht und genutzt.« Wie groß das Gräberfeld ursprünglich war, kann nicht mehr erschlossen werden, da die Fläche inzwischen überbaut wurde. Auch ob der Friedhof kontinuierlich genutzt wurde oder ob es größere zeitliche Lücken gab, ist nicht mehr zu klären. »In jedem Fall war das aber ein lokal sehr wichtiger Platz«, betont Hallenkamp-Lumpe. »Ansonsten wäre der Ort nicht über so einen langen Zeitraum immer wieder für Bestattungen genutzt worden.«

Bei den Ausgrabungen damals wurden insgesamt 42 Befunden erfasst. Unter den Gräbern stach besonders das des sogenannten Gohfelder Reiters hervor: Ein reich ausgestattetes Männergrab, in dem unter anderem ein Paar eiserner Reitersporen mit Zinnverzierung lag. Diese Sporen und die Ausstattung dieses Urnengrabes kennzeichnen den um die Mitte des 5. Jahrhunderts nach Christus verstorbenen Mann als Angehörigen einer lokalen Elite. Alle anderen Gräber enthielten bis auf ein weiteres Urnengrab unterschiedlich viele Keramikscherben, aber fast gar keine weiteren Beigaben.

Anhand dieser Funde wurde bislang die Datierung des Gräberfeldes vorgenommen. »Ein in der Archäologie übliches Verfahren«, sagt Spiong. Die fundleeren Gräber konnten so aber nicht datiert werden. »Dafür braucht es aufwendige und teure Methoden, wie die Radiokarbondatierung.« Erst so war es jetzt möglich, etliche Gräber ohne Funde zu datieren.

Die Sporen des Gohfelder Reiters, weitere Funde und die ersten Ergebnisse der wissenschaftlichen Auswertung, zeigt die Sonderausstellung »Der Gohfelder Reiter« seit dem 13. September 2019 im Heimatmuseum der Stadt Löhne. Hier wird eine Auswahl der Funde zum ersten Mal der Öffentlichkeit gezeigt. »Auf diese Weise kann dieser bedeutende Fundplatz allen Interessierten nähergebracht werden«, freut sich Sonja Voss vom Heimatmuseum Löhne. »Und die neuen Ergebnisse sind natürlich der absolute Höhepunkt.« Die Ausstellung ist noch bis zum 15. Dezember zu sehen. Am 14. November 2019 um 18 Uhr werden Dr. Sven Spiong und Dr. Julia Hallenkamp-Lumpe einen Vortrag in der VHS Löhne halten. Dort können Interessierten mehr über die Archäologie in Löhne und Umgebung sowie über das Gräberfeld auf dem Scheidkamp erfahren.

Reitersporen des »Gohfelder Reiters«
Die Reitersporen zeichnen den Toten als ein Mitglied der lokalen Elite aus, denn nicht jeder konnte sich ein Pferd leisten. Foto: LWL/C. Hildebrand