Afrika: Frühe Vielfalt auf dem Speiseplan

Spuren von angebautem Getreide im Sudan schon vor 7.000 Jahren

Die Menschen in Ostafrika ernährten sich mehrere Jahrhunderte früher als bisher bekannt von angebautem Getreide. Einem Forschungsteam aus Barcelona, Treviso, London und Kiel gelang der Nachweis uralter Gerste- und Weizenreste in Grabbeigaben und Zähnen von zwei jungsteinzeitlichen Friedhöfen im Zentralsudan und Nubien. Die Ergebnisse der Analysen sind kürzlich im Fachjournal PLoS ONE (online) erschienen.

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Ausgrabung im Sudan
Bei der Ausgrabung dieses jungsteinzeitlichen Friedhofs in Nubien (Sudan) entdeckten die Forscherinnen und Forscher Pflanzenpartikel, die sich im Labor als Spuren von angebautem Getreide herausstellten. Foto: © D. Usai/ S. Salvatori

»Mit unseren Ergebnissen können wir belegen, dass die Menschen am Nil sich damals nicht nur von Tieren und gesammelten Wildpflanzen ernährten, sondern auch schon von den Kulturpflanzen Gerste und Weizen«, sagt Dr. Welmoed Out von der Graduiertenschule Human Development in Landscapes an der Universität Kiel. Die frühen Getreidesorten wurden vor etwa 10.500 Jahren zunächst im Nahen Osten gezüchtet und verbreiteten sich von dort nach Zentral- und Südasien sowie nach Europa und Nordafrika – letzteres schneller als vermutet. »Die Vielfalt auf ihrem Speiseplan war viel größer als bisher angenommen«, erklärt Out und ergänzt: »Dass Getreide Toten mit ins Grab gegeben wurde, weist zudem auf eine besondere, symbolische Bedeutung dieser Pflanzen hin«.

Das Team um Welmoed Out und den Umweltarchäologen Marco Madella aus Barcelona setzte unter anderem ein spezielles Lichtmikroskop sowie Radiokarbonanalysen zur Altersbestimmung ein. Dabei kam ihnen der Umstand zu Hilfe, dass sich mineralisierte Pflanzenpartikel, so genannte Phytolithe, sehr lange erhalten, selbst wenn andere Pflanzenreste schon verschwunden sind. Auch die jahrtausendealten Zähne aus den neolithischen Bestattungen, insbesondere anhaftender Zahnstein, lieferten dank darin enthaltener Stärkekörner und Phytolithe Rückschlüsse auf die Ernährung dieser prähistorischen Menschen.

Die Graduiertenschule Human Development in Landscapes (GSHDL) in Kiel wurde 2007 im Rahmen der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern ins Leben gerufen. Geistes- und Naturwissenschaftler widmen sich in interdisziplinären Projekten der Erforschung des komplexen Zusammenhanges zwischen Gesellschaft, Kultur und Umwelt. Exemplarisch werden hier besonders prähistorische Gesellschaften untersucht. Bisher haben rund 35 Studierende der Kieler Graduiertenschule ihre Dissertation erfolgreich abgeschlossen; weitere 70 promovieren derzeit. An der GSHDL beteiligen sich 18 CAU-Institute aus sechs Fakultäten, das Archäologische Landesmuseum Schloss Gottorf sowie das IPN. Die nachhaltige Entwicklung der Graduiertenschule Human Development in Landscapes wird durch die Johanna-Mestorf-Akademie ermöglicht, eine zentrale Institution der CAU, die interdisziplinäre Forschung und Lehre in den Bereichen Gesellschafts- und Umweltwandel und Landschaftsarchäologie bündelt.

 

Publikation

Madella M, García-Granero JJ, Out WA, Ryan P, Usai D (2014) Microbotanical Evidence of Domestic Cereals in Africa 7000 Years Ago. PLoS ONE 9(10): e110177.
doi:10.1371/journal.pone.0110177

Neolithische Bestattung
Blick in ein jungsteinzeitliches Grab in Nubien (Sudan) mit einem Skelett und Pflanzenresten (weiße Struktur am linken Bildrand). Foto: © D. Usai/ S. Salvatori