Forschungsinitiative und National Geographic sichern digital das bedrohte Kulturerbe Akrotiri

Akrotiri droht sein katastrophales Schicksal von vor 3630 Jahren erneut einzuholen: Erdbeben und Verfall könnten die Ausgrabungsstätte auf der griechischen Vulkaninsel Santorin bald unwiederbringlich zerstören. Auf Initiative des österreichischen Ludwig Boltzmann Instituts für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie hat nun eine internationale Forschungsgruppe, unterstützt von der National Geographic Society, dieses einzigartige Kulturdenkmal mit Hilfe von 3D-Laserscanner-Technologie digital dokumentiert.

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Rekonstruktion der Insel Santorin
Rekonstruktion der Insel Santorin vor dem Vulkanausbruch in minoischer Zeit (ca. 1615 v. Chr.) mit einem Querschnitt durch die geologischen Schichten (© 7reasons, Michael Klein)

Die internationale Gruppe von Forschern um den Wissenschaftler Dr. Immo Trinks vom Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie (LBI ArchPro) hat die gesamte Ausgrabungsstätte der bronzezeitlichen Siedlung Akrotiri auf der Kykladen-Insel Santorin (griechisch "Thera") mit Hilfe neuester Laserscanner-Technologie (RIEGL Laser Measurement Systems VZ-400) digitalisiert. Denn diesem einmaligen Kulturdenkmal droht nach dem katastrophalen Ausbruch des Thera-Vulkans vor etwa 3630 Jahren erneut die Zerstörung durch Erdbeben und Verfall.

Die aktuelle Ausgabe von NATIONAL GEOGRAPHIC DEUTSCHLAND berichtet in ihrer Titelgeschichte auf 30 Seiten über das digitale Dokumentationsprojekt. "3D-Laserscanner eignen sich hervorragend für die genaue Dokumentation der herausragenden Fundstelle von Akrotiri. Mit dieser Technik lassen sich der Innen- und Außenbereich ganzer Gebäude berührungslos mit Millimetergenauigkeit digital erfassen", erklärt Projektleiter Immo Trinks vom LBI ArchPro. "In Kombination mit modernsten fotogrammetrischen Methoden haben wir zusammen mit unseren griechischen Partnern die Ausgrabungsstätte vollständig fotorealistisch dokumentiert und somit im Falle einer Zerstörung zumindest digital bewahrt", so der Forscher.

In weiterer Folge hat Michael Klein, Experte in den Bereichen der 3D-Rekonstruktion und –Animation und Leiter des Wiener Medienunternehmens 7reasons, Teile von Akrotiri am Computer realistisch rekonstruiert. Diese 3D-Visualisierungen ermöglichen eine neuartige virtuelle Erforschung wie auch den simulierten Besuch in vergangenen Zeiten dieses einst so prächtigen Ortes.

Ähnlich seinem Schicksalsgenossen Pompeii, jedoch über 1000 Jahre älter, bietet Akrotiri  einzigartige Einblicke in die Welt und Kultur der Bronzezeit in der Ägäis. Mächtige Schichten von Bimsstein und Vulkanasche haben komplette Siedlungsareale Akrotiris während der Blütezeit der Stadt in einem exzellenten Zustand konserviert. So konnten griechischen Archäologen unter der Leitung von Prof. Spyridon Marinatos und Prof. Christos Doumas seit 1967 bis zu drei Stockwerke hoch erhaltene Häuser, einmalige Wandmalereien und tausende archäologische Fundobjekte freilegen.

Die bestmögliche Bewahrung des einzigartigen Kulturerbes in Akrotiri ist von außerordentlicher archäologischer Bedeutung. Denn Erdbeben und Vulkanismus können in dieser seismisch höchst aktiven Zone das einmalige Kulturdenkmal jederzeit in einen buchstäblichen Steinhaufen verwandeln. Zudem behindern die rigiden Sparmaßnahmen in Griechenland die Durchführung dringend notwendiger Restaurierungs- und Erhaltungsmaßnahmen der vom Verfall bedrohten Fresken und Architektur.

Visualisierung des Raumes 5 im sog. "Westhaus"
Visualisierung des Raumes 5 im sog. "Westhaus" nach einem der Erdbeben (© 7reasons, Michael Klein)
Rekonstruktion eines zeitgenössischen Schiffes
Rekonstruktion eines zeitgenössischen Schiffes, wie es zur Flucht während des Vulkanausbruchs gedient haben könnte (© 7reasons, Michael Klein)