Das Dorf Wewer gibt Blick auf Kapitel seiner Frühzeit frei

Eigentlich war es reine Routine, was die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) im Zentrum des Dorfes Paderborn-Wewer erwartete. Hier entsteht zwischen dem alten Schloss und der Pfarrkirche St. Johann Baptist eine barrierefreie Wohnanlage. Was allerdings schon am ersten Grabungstag ans Licht kam, ist eine kleine Überraschung: Nicht nur ein Webstuhl hat seine Standspuren in einem 1.000 Jahre alten Haus hinterlassen. Auch ein Erdkeller aus dem 13. Jahrhundert kam hier mit Unterstützung der Fachleute der Stadtarchäologie Paderborn ans Tageslicht.

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Ausgrabung Grubenhaus in Wewer
Mitarbeiter der Stadtarchäologie legen das 1.000 Jahre alte Grubenhaus frei. Foto: LWL/Spiong

Mehrere Hundert Quadratmeter ist das Areal groß, auf dem der Spar- und Bauverein Paderborn die besondere Wohnanlage errichtet. Die Grabung wurde erforderlich, weil bereits im Vorfeld deutlich geworden war, dass die Vergangenheit hier wertvolle Spuren hinterlassen hat. Die Untersuchung der Experten von der LWL-Archäologie für Westfalen dokumentiert die Hinterlassenschaften längst vergangener Kulturen dauerhaft für die Nachwelt - und macht eine wissenschaftliche Auswertung möglich. Damit bleibt der Geschichte des Dorfes Wewer ein wichtiges Kapitel erhalten.

LWL-Grabungsleiter und Stadtarchäologe Sven Spiong ist schon jetzt, nach wenigen Grabungstagen, begeistert von dem, was die Erde in Wewer über viele Jahrhunderte bewahrt hat. »Darunter befindet sich auch das kleine, eingetiefte Grubenhaus, das die Bewohner dieses Areals bereits vor etwa 1.000 Jahren errichteten«, erläutert er. Die Bauern der damaligen Zeit nutzten das kleine Gebäude als Webhaus. Hier stand auch ein Webstuhl, an dem in der kalten Jahreszeit Textil und Kleidungsstücke entstanden. Die Spuren des Gerätes sind noch deutlich im Boden zu sehen: Dunkle Verfärbungen zeigen seinen Standort an.

Mehr als 100 Gruben haben die Archäologen bereits in kürzester Zeit freigelegt. Dazu gehört auch ein im 13. Jahrhundert verfüllter Keller eines Fachwerkhauses. Beide Gebäude, die zeitlich rund 300 Jahre auseinander liegen, haben die gleiche Ausrichtung. Daraus lässt sich eine Orientierung der Bauten an einer Straße auf der westlichen Hochterrasse der Alme erkennen. Diese Straße führte von der Kirche zum alten Schloss bzw. zu einem älteren Vorgängerbau, bei dem es sich um eine mittelalterliche Wasserburg handelte.

Die neuen archäologischen Funde sind auch deswegen so wichtig, weil sie die interessante Geschichte des Dorfes Wewer ergänzen. Das Dorf wird bereits im Jahr 835 erstmals erwähnt. Archäologische Einzelfunde aus dem Dorfareal reichen bis in das späte 8. Jahrhundert zurück. In dieser Zeit wurde das weitere Umland der 776 von Karl dem Großen errichteten Burg erschlossen.

Beides gehörte zum Frankenreich. Eine Vielzahl der Ortschaften zwischen Lippequellen und Alme lässt sich anhand neuer Erkenntnisse der archäologischen Forschung bis in diese Zeit zurückverfolgen. Wahrscheinlich entstand damals auch das Dorf Wewer im Zuge des intensiven Landesausbaus unter den neuen fränkischen Herrschern. Die aktuellen Funde ergänzen diese Frühgeschichte und werfen einen wertvollen Blick auf die weitere Entwicklung der Region.

Die ersten Ergebnisse der Ausgrabungen können interessierte Besucher selbst in Augenschein nehmen. Am kommenden Sonntag (8.12.) sind alle Neugierigen eingeladen, bei einer kostenlosen öffentlichen Führung um 11 Uhr einen Blick in die Vergangenheit zu werfen.

Stadtarchäologie Sven Spiong
LWL-Stadtarchäologe Sven Spiong erläutert die bisherigen Grabungsergebnisse auf dem Areal in Paderborn-Wewer. Hier ist neben einem Erdkeller aus dem 13. Jahrhundert auch überraschend ein Grubenhaus aufgetaucht, dass vor 1.300 Jahren mit einem Webstuhl ausgerüstet war. Foto: LWL/Burgemeister