Die "Entdeckung" der Neuen Welt durch Kolumbus im Jahre 1492 machte die Karibik zum zentralen Knotenpunkt einer einsetzenden Globalisierung. Für die einheimischen Kulturen dagegen führte sie nach gängiger Auffassung innerhalb weniger Jahrzehnte zum beinahe vollständigen Untergang. "Tatsächlich wissen wir aber sehr wenig über den Prozess der Kolonisation und die gesellschaftlichen Auswirkungen auf den Inseln", sagt die wissenschaftliche Leiterin, Prof. Dr. Corinne Hofman, von der Archäologischen Fakultät in Leiden.
Mit Hilfe neuartiger Methoden zur Analyse archäologischer Funde soll die bisherige Geschichtsschreibung auf Basis europäischer Überlieferungen hinterfragt werden. Außerdem will das Projekt einen Beitrag zur Bewahrung des kulturellen Erbes leisten, das sowohl durch Naturkatastrophen als auch die Folgen wirtschaftlicher Entwicklung akut bedroht ist. Die Archäologin wird dazu mit Leidener Experten für materielle Kultur, Geochemikern aus Amsterdam und den Netzwerkforschern aus Konstanz zusammen arbeiten.
In den von Ulrik Brandes geleiteten Teilprojekten geht es um die Transformation sozialer Netzwerke infolge der Kolonisation. In erster Linie müssen dafür neue Methoden entwickelt werden, mit denen Netzwerke aus den in der Archäologie typischerweise sehr unvollständigen, ungenauen und heterogenen Daten rekonstruiert werden können. Brandes vergleicht das mit "einem Dinosaurier, bei dem aus einzelnen Fundstücken und einer Reihe von Annahmen auf den Rest des Lebewesens und seines Verhaltens geschlossen werden soll."
Die in diesem Jahr neu eingeführten Synergy Grants sind das höchstdotierte Förderinstrument der Europäischen Union. In weltweitem Wettbewerb werden sie vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) an jeweils zwei bis vier Spitzenforscher vergeben.