Erster hessischer Groschen des Spätmittelalters archäologisch nachgewiesen

Das erste archäologisch nachgewiesene Exemplar eines höchst seltenen hessischen Groschens des Spätmittelalters wurde heute, am 22.1.2011 in Halle / Saale auf dem 9. Colloquium des Freundeskreises Mittelalternumismatik vorgestellt.

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Der hessische Groschen aus dem Spätmittelalter (Foto: LDA Sachsen-Anhalt)
Der hessische Groschen aus dem Spätmittelalter (Foto: LDA Sachsen-Anhalt)

Münzfunde sind eine hervorragende und authentische historische Quelle für Numismatik, Archäologie und Wirtschaftsgeschichte. Münzen ermöglichen historische Aussagen in vielfältiger Hinsicht, sie sind ein Pegel der Wirtschaft, dokumentieren politische Geschichte und Ideen und liefern Informationen zur Geschichte der Sprache, zur Mythologie und den Religionen. Ihre Analyse und vergleichende Untersuchungen bieten insbesondere für das Mittelalter Erkenntnisse zur Chronologie, zur Herkunft und Verbreitung von Münztypen sowie die Zuschreibung zu Währungsgebieten und zu bestimmten Münzstätten. Die Entdeckung von Münzschätzen ist zumeist Zufällen und nur selten bewussten Grabungen zu verdanken. Umso wichtiger ist eine umfassende und vollständige Dokumentation für die wissenschaftliche Auswertung.

Im Frühjahr 2003 wurde von Archäologen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie bei Untersuchungen in der Innenstadt von Aken, an der alten Klostermauer in der Ritterstraße, ein großer, aus tausenden Groschen des 14. und 15. Jahrhunderts bestehender Münzschatz entdeckt, der zunächst im Block geborgen und der Öffentlichkeit sowie der Fachwelt vorgestellt und dann in aufwändiger Arbeit in der Restaurierungswerkstatt des Landesmuseums gereinigt wurde.

Im Januar 2009 konnte der ausgewiesene Kenner der sächsischen Groschenprägung des Mittelalters, Holger Mehner aus Marienberg/Sachsen, gewonnen werden, den Fund ehrenamtlich zu erschließen. Bis Januar 2011 konnten bereits 2111 Groschenmünzen exakt bestimmt werden. Bereits jetzt wird deutlich, dass der Fund zur Erforschung der mitteldeutschen Münzgeschichte und vor allem zur Finanzpolitik der Wettiner im Spätmittelalter wesentliche neue Erkenntnisse bietet. Der Akener Fund spiegelt den ersten großen inflationsartigen Währungsverfall in der meißnisch sächsischen Münzgeschichte wider. Aufgrund der zahlreichen kupferhaltigen Kreuz- und Fürstengroschen (Schlussmünzen) kann von einer Verbergungszeit des Schatzes um 1405 ausgegangen werden, dem Zeitraum des Höhepunktes des Geldverfalls in den wettinischen Landen. Die ältesten im Fund vorkommenden Groschen wurden ca. 1340 in Freiberg geprägt. Aus dieser Zusammensetzung ergibt sich eine Zeitspanne von mindestens 65 Jahren. So haben wahrscheinlich mehrere Generationen diesen großen Schatz angehäuft.

Nach derzeitigem Erkenntnisstand setzt sich der bearbeitete Anteil des Fundes aus Prägungen aus Böhmen, Heiligenstadt, der Markgrafschaft Meissen und der Landgrafschaft Hessen zusammen. Der hessische Groschen, auch »Hermann-Groschen« genannt, stellt eine numismatische Sensation dar. Bisher waren von dieser höchst seltenen Münze, die vermutlich um 1390 in der Münzstätte Rotenburg an der Fulda geschlagen wurde, lediglich sechs Exemplare überhaupt bekannt. Keines dieser bekannten Exemplare verfügte über einen archäologischen Nachweis und so war der letzte Beweis der historischen Authentizität dieser Münze noch nicht gegeben. Erst mit der Vergesellschaftung dieses Münztyps im Fund von Aken ist dieser Beweis erbracht, der für die Erforschung des spätmittelalterlichen Geldumlaufs von großer Bedeutung ist.