Vom Wirtshaus bis zum Kloster

Vom Wirtshaus über das Kapuzinerinnen-Kloster bis zu den ersten Bauern vor 2.000 Jahren: Das sind die Spuren der Paderborner Stadtwerdung, die jetzt unter den Händen der Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) westlich der Warmen Pader zum Vorschein kommen.

Nachrichten durchblättern
Teller mit der Darstellung eines Landsknechtes
Der Teller mit der Darstellung eines Landsknechtes stammt aus Gebäude-Abbruchschichten um 1630. (Foto: LWL/E. Manz)

Einige Paderborner haben noch das alte Gasthaus vor Augen, das hier bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs stand. Das Bauern- und Wirtshaus Bracht, das später "Goldener Anker" hieß, hatte eine bewegte Geschichte. Es stand bereits, als Domprobst Arnold von der Holst ab 1628 mehrere bürgerliche Grundstücke ankaufte, um ein Kapuzinerinnen-Kloster zu gründen. Der Besitzer des viergeschossigen Hauses widerstand offenbar allen Kaufversuchen. Rund um das Grundstück herum veränderte sich die Bebauungsstruktur gewaltig, und schließlich trennte eine bis zu einen halben Meter starke Mauer diesen späteren Ort leiblicher Genüsse vom Klosterleben ab. "Dass wir hier ein Stück Paderborner Geschichte freilegen, das auf alten Plänen und Fotografien noch dokumentiert ist, macht die Archäologie auf besondere Weise lebendig", freut sich LWL-Stadtarchäologin Dr. Sveva Gai. "Mancher Besucher kann sich sogar noch an den Anblick des alten Gasthauses erinnern."

Deutlich sichtbar sind aber schon jetzt auch die Spuren einer mittelalterlichen Bebauung. Grabungsleiterin Manz und ihr Team haben den sorgfältig gelegten Plattenboden und die Wände eines Kellers freigelegt. Das Gebäude war einstmals wahrscheinlich von der Kisau aus zugänglich. Dass es für die Archäologen noch tiefer hinein in die Stadtgeschichte und in weiter zurückliegende Epochen geht, ist sehr wahrscheinlich. "Die bisher erkennbaren Strukturen der untersten archäologischen Schichten sind vielversprechend", erläutert Eva Manz.

Dass die Erde westlich der Warmen Pader eine lange und intensive Siedlungsgeschichte aufweist, haben die Ausgrabungen bereits in den vergangenen Jahren bewiesen. Schon vor 2.000 Jahren nutzten Bauern die guten Böden. In der Zeit Kaiser Karls des Großen entstanden hier mehrere Bauernhöfe, die unter anderem die Versorgung der Kaiserpfalz mit Lebensmitteln gewährleistete. Das änderte sich bis ins 11. Jahrhundert hinein nicht. Dann ließ Bischof Meinwerk hier eine Gewerbesiedlung für den bischöflichen Hof errichten und Handwerker verschiedener Berufe ansiedeln.

Führungen

Die Ausgrabungen werden noch bis Mitte Juli 2016 andauern. In dieser Zeit hat jeder die Gelegenheit, sich selbst ein Bild von der im Boden jetzt Schritt für Schritt freigelegten Geschichte zu machen: Jeden Dienstag werden um 17 Uhr Führungen angeboten. Treffpunkt ist Ecke Spitalmauer/Kisau.

Blick über die Grabungsfläche mit Gebäudestrukturen und Grundstücksmauern
Blick über die Grabungsfläche mit Gebäudestrukturen und Grundstücksmauern. Im Hintergrund das ehemalige Landeshospital. (Foto: LWL/E. Manz)