Das Deutsche Archäologische Institut (DAI) und die jemenitische Antikenbehörde, General Organization of Antiquities and Museums (GOAM), führen seit 2001 Ausgrabungen und Restaurierungsarbeiten in der sabäischen Stadt Sirwah in der Provinz Marib durch. Während des ersten vorchristlichen Jahrtausends war Sirwah neben der antiken Metropole Marib das bedeutendste Zentrum des Königreichs von Saba. Die Stadt war von einer Mauer umgeben und besaß mehrere monumentale Bauwerke, darunter den bekannten Almaqah-Tempel. Dieses Heiligtum aus dem 7. Jh. v.Chr wird momentan restauriert.
Während der Restaurierungsarbeiten wurde nun eine weitere relativ gut erhaltene Tempelanlage im alten Stadtgebiet entdeckt. Das Gebäude hat mehrere Räume und einen monumentalen Eingang mit Säulen. Der Tempel weist einen Grundriss und Konstruktionsmerkmale auf, die bisher im Jemen nicht beobachtet wurden (siehe Foto). Turmartige Vorsprünge unterteilen die Fassade des Heiligtums, das in einer gewaltigen Holz-Stein-Konstruktion errichtet ist.
Die Direktorin des DAI in Sanaa, Dr. Iris Gerlach, kündigte an, dass die neue Entdeckung in die parallel zu den Ausgrabungen durchgeführte Restaurierung der antiken Stadt einbezogen wird. Wie Dr. Gerlach ausführte, wurden in der letzten Woche auch die monumentalen Säulen des Almaqah-Tempels mit Hilfe eines Krans wieder aufgerichtet. Die bis zu sechs Tonnen schweren Säulen waren zuvor mittels Ultraschall auf Risse untersucht worden. Die dabei entdeckten Schäden wurden mit Stahlstiften und Mörtel - für den Betrachter nicht sichtbar - repariert. Sieben andere noch aufrecht stehende Säulen wurden vom Kran hingegen in die Horizontale gebracht und so für die im Oktober geplante Restaurierung vorbereitet.
Die antike Stadt Sirwah profitierte vom Handel über die Weihrauchstrasse und die Handelswege vom jemenitischen Hochland zu den alten Karawanenkönigreichen am Rand des Ramlat as-Sabatayn. Zahlreiche kultische Vorrichtungen wie Altäre, Plätze für rituelle Mahlzeiten, Deponierungen von Knochen heiliger Tiere und eine Schatzkammer mit hunderten von Votiven bezeugen intensive rituelle Tätigkeiten in den Heiligtümern der Stadt. Der in historischer Hinsicht wichtigste Teil des Almaqah-Tempels sind zwei Monumentalinschriften der beiden sabäischen Herrscher Yithar'amar Watar bin Yakrubmalik (715 v.Chr.) und Karib `il Watar (685 v.Chr.). Die über sieben Meter langen Inschriften berichten von den militärischen und zivilen Taten dieser Herrscher.
Deutschland und Jemen unternehmen seit 30 Jahren gemeinsam archäologische und restauratorische Projekte, durch die einige von Jemens wertvollsten antiken Stätten vor dem Zerfall bewahrt werden konnten. Die Ausgrabung und Erhaltung antiker Monumente im Jemen dient nicht nur wissenschaftlichen Zwecken, sondern trägt auch in erheblichem Maße dazu bei, den Jemen als eine alte Nation mit reicher Kultur und großer Vielfalt zu zeigen. Dadurch sollen Touristen aus aller Welt angezogen und so die jemenitische Wirtschaft angekurbelt werden.