Es ist ein unscheinbarer Acker im Süden Portugals. Einer von vielen in der Gegend um die Kreisstadt Silves. Hin und wieder ist der Bauer mit seinem Pflug auf Steine im Boden gestoßen - auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches in dem von Kalk- und Sandsteinfelsen geprägten Gebiet. Doch Archäologen der Friedrich-Schiller-Universität Jena haben jetzt eine interessante Entdeckung gemacht: Nur knapp 20 Zentimeter unter der Erdoberfläche sind sie auf Reste einer römischen Villa gestoßen.
Bisher war über die Geschichte der Römer in diesem Teil der ehemaligen römischen Provinz Lusitania kaum etwas bekannt. "Man kannte nur einige Villen entlang der Küste, aber es existierte keine einzige Fundstelle dieser Art im Hinterland", sagt Dr. Dennis Graen vom Lehrstuhl für Klassische Archäologie der Uni Jena. Ein portugiesischer Kollege von der Gemeindeverwaltung in Silves hatte die Jenaer Forscher auf den Acker aufmerksam gemacht. "Er hatte dort an der Oberfläche vereinzelte Keramikscherben und Mosaiksteinchen gefunden, die Hinweise auf eine Herkunft aus der Römerzeit lieferten", erzählt Dr. Dennis Graen.
Zusammen mit Kollegen von der Universität Hamburg und einem Dutzend Jenaer Studierender machte sich Graen im September daran, das Gebiet an der Algarve genauer zu untersuchen. Mit geomagnetischen Messungen verschafften sich die Wissenschaftler einen ersten Überblick über den Untergrund. Dabei entdeckten sie den Grundriss eines dreiflügligen Gebäudetraktes. Bei der Grabung entpuppte er sich als massive, quaderverkleidete Außenmauern, die die teilweise noch sehr gut erhaltenen Innenmauern umschließen.
"Zusammen mit Keramiken und Münzen, die wir im Fundament des Gebäudes gefunden haben, deutet alles auf eine Besiedlung in der Zeit vom ersten vorchristlichen Jahrhundert bis ins 5. Jh. n. Chr. hin", so Grabungsleiter Dennis Graen. Dabei sind die Hinweise darauf, dass es sich um eine römische Besiedlung handeln muss, ziemlich eindeutig: Reich verzierte Keramikscherben aus dem damaligen Gallien und Nordafrika, bronzene Gewandspangen, Reste von Wandmalereien, tausende Mosaiksteinchen, Amphoren und Münzen mit dem Abbild des Kaisers Konstantin.
"Der Fund ist äußerst erstaunlich, da die Gegend nicht als Kerngebiet der Römer gilt", berichtet Dennis Graen. Ob es sich tatsächlich um römische Siedler oder aber um Einheimische handelte, der nach römischem Vorbild lebten, wollen die Forscher in den nächsten Jahren herausfinden. Dafür wollen sie weitere Grabungen in der näheren Umgebung durchführen. Doch zunächst hoffen sie, weitere Teile der entdeckten Villa freilegen zu können. "An der jetzigen Fundstelle haben wir eine Menge Tierknochen und Handwerkszeug wie Teile eines Webstuhls und einer Getreidemühle gefunden", so Graen. Sogar Reste eines Beils und einer Messerklinge aus der Jungsteinzeit förderten die Wissenschaftler bei ihrer Grabung zutage. Alles deute darauf hin, dass es sich um den Nutztrakt des Gebäudes handelt.
"Bei den nächsten Grabungen werden wir hoffentlich auf den vermutlich hochwertiger ausgestatteten Wohntrakt stoßen", äußert der Archäologe optimistisch. Dort erhoffen sich die Altertumsforscher mehr Informationen über die Herkunft und soziale Stellung der einstigen Bewohner. Schon jetzt vermuten die Jenaer Forscher, dass der Besitzer eher wohlhabend gewesen sein muss. "Geborgene Reste von Fensterglas, Fragmente von bemaltem Wandputz, Mosaiksteinchen und Hinweise auf eine isolierende Wandverkleidung, vielleicht für eine Art Badeanlage, waren nicht alltäglich und deuten ganz klar in diese Richtung", ist Dennis Graen überzeugt. Aufschluss werden die Grabungen im kommenden Jahr geben.