Rockenberg schreibt Geschichte

Größtes Gräberfeld des 4./5. Jh. in Hessen

Archäologinnen und Archäologen der Abt. hessenARCHÄOLOGIE am Landesamt für Denkmalpflege Hessen, legten in Rockenberg (Wetteraukreis) das bislang mit Abstand größte Gräberfeld aus der nur spärlich erforschten Zeit nach dem Abzug der Römer in Hessen frei. Die Ausgrabungen, welche am vergangenen Freitag ihr Ende fanden, brachten Befunde und Funde zutage, die teils europaweit ihresgleichen suchen.

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Ausgrabung
Ausgrabung des Gräberfeldes von Rockenberg. Foto: © Dr. Beate Leinthaler, Landesamt für Denkmalpflege Hessen, hessenARCHÄOLOGIE

Bis zuletzt arbeitete das Team der hessenARCHÄOLOGIE fieberhaft daran, die verbliebenen Funde zu sichern, denn schwere Regenfälle hatten die Grabung in ein gewaltiges Schlammfeld verwandelt. In Anwesenheit der Kreispolitik und Presse barg das Team den neuesten überraschenden Fund: eine gut erhaltene Holzkiste mit bronzenen Beschlägen und erkennbarem Schloss. »Jeden Tag gab es ein neues Highlight, bei dem wir nicht dachten, dass es noch getoppt werden kann«, staunte Grabungsleiter und Bezirksarchäologe des Wetteraukreises, Hardy Prison. Die Kiste wurde als sogenannte Blockbergung, zusammen mit der sie umgebenden Erde, geborgen und wird nun in der Restaurierungswerkstatt der hessenARCHÄOLOGIE unter optimalen Bedingungen freigelegt und gesichert.

Eine spannende Region, eine spannende Epoche

Rockenberg lag lange Zeit inmitten der römischen Einflusszone im Schutz des Limes. Nachdem die Römer um 260 n. Chr. den Limes aufgegeben und sich über die Rheingrenze zurückgezogen hatten, begann im zuvor besetzten Gebiet eine Zeit, über die wir bisher nur wenig wissen. Schriftquellen über diese Jahrhunderte sind spärlich, archäologische Nachweise der Bevölkerung durch Gräber gab es bisher nur wenige. »Genau diese Zeit und diese Gräber haben uns gefehlt«, berichtete Dr. Jörg Lindenthal von der Kreisarchäologie des Wetteraukreises bei der Vorstellung der Grabungsergebnisse vor Ort. »Das ist ein unglaublich wichtiger Puzzlestein für diese Zeit.« Die Archäologen der hessenARCHÄOLOGIE hatten für die Ausgrabung eng mit der Kreisarchäologie zusammengearbeitet. Zuvor hatte bereits die ortsansässige archäologische Fachfirma SPAU GmbH im Rahmen von bauvorgreifenden Untersuchungen Teile des Geländes ergraben und die Grundlage für die jetzt abgeschlossene Ausgrabung gelegt.

Ein Gräberfeld, das seinesgleichen sucht

Insgesamt konnten in Rockenberg mehr als 330 Brandbestattungen und über 70 Körperbestattungen aus der Zeit des 4. und 5. Jahrhunderts entdeckt werden. Damit ist das Gräberfeld mehr denn fünfmal so groß, wie der bisher größte bekannte Friedhof dieser Zeit in Hessen. Doch nicht nur die schiere Anzahl der Bestattungen erstaunte die Archäologen. Neben überraschend vielen Kindergräbern konnte auch eine beachtliche Anzahl an Waffengräbern der ersten germanischen Siedler aufgedeckt werden. Darunter befanden sich wahre Raritäten wie eine Bauchbestattung, die zumeist mit schweren Straftaten oder der Angst vor Widergängern in Verbindung gebracht wird. Auch ein Bogenschütze mit erhaltenem Köcher und reichen Beigaben sowie ein vermutlich Jugendlicher mit römischen Gegenständen begeisterten das Grabungsteam.

Licht in eine dunkle Zeit

»Für das 4. und 5. Jahrhundert ist das wirklich einzigartig«, ordnete Prison die Reichhaltigkeit der Funde ein. Hervorragend erhaltener Silberschmuck, Keramik und Waffen runden ein Fundspektrum ab, welches die Archäologie noch über Jahre beschäftigen wird. »Mit der Grabung ist es hier noch nicht zu Ende, jetzt geht es erst los«, so Prison. Denn die Aufarbeitung der Befunde und Funde verspricht jetzt schon, Licht in eine bisher dunkle Zeit zu bringen.

Keramik
Einige der Keramikgefäße hatten sich im Boden so gut erhalten, dass sie schon am Ende der Ausgrabung präsentiert werden konnten. Foto: © Lars Görze M.A., Landesamt für Denkmalpflege Hessen
Bestattung
Bestattung aus dem Gräberfeld von Rockenberg. Foto: © hessenARCHÄOLOGIE