Im Fokus der gegenwärtigen Forschung stehen zwei steinerne Beilklingen, die im 19. Jahrhundert aus einem damals noch nicht erkannten gewaltigen Grabhügel geborgen wurden. Aufgrund der Bestimmung des Monuments, der verwendeten Materialien und der Herstellungstechnik kombiniert der Projektleiter und Archäologe Professor Detlef Gronenborn vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum (RGZM) in Mainz: "Bis kurzem war der Hügel gar nicht erkannt. Mit der Entdeckung, und der Interpretation als Grabmonument, müssen wir folgern, dass die Beile Grabbeigaben für eine bedeutende Persönlichkeit gewesen sein müssen. Das Grab selbst ist jedoch nicht mehr erhalten, wurde vielleicht im 19. Jahrhundert zerstört. Eine der beiden Klingen ist in hochprofessioneller und mühsamer Handarbeit aus Jade gefertigt worden. Da das Material aus den Westalpen stammt, gehen wir davon aus, dass dieses Objekt über Frankreich bis in das Rhein-Main-Gebiet gebracht worden ist. Solche kostbaren Stücke sind bislang nur in Gräbern hochstehender politischer Persönlichkeiten gefunden worden." Beide Beile sind mittlerweile im Stadtmuseum Hofheim am Taunus zu sehen.
Erst vor kurzem ist es dem Archäologen und seinem Team gelungen, die gewaltigen Ausmaße des künstlichen Hügels, mit einem Durchmesser von 90 Metern und einer erhaltenen Höhe von etwa sechs Metern, korrekt zu bestimmen. Gronenborn erläutert hierzu: "Erst mit Hilfe eines 3D-Scans der Oberfläche des Höhenrückens konnte die Erhebung in ihren Dimensionen erkannt werden." Die folgenden Untersuchungen zeigten auch, dass Ende des 19. Jahrhunderts schon einmal jemand im Zentrum des Hügels gegraben hatte, denn dort fanden sich Münzen aus dieser Zeit. Wiederum etwa zehn Jahre nach dieser frühen Grabung ist die Übergabe der beiden Beilklingen an den damaligen Landeskonservator dokumentiert: "Es lag also nahe, diese Erkenntnisse miteinander in Bezug zu setzen", so Gronenborn. "Obwohl es bislang nicht möglich war, den Hügel direkt zu datieren, lässt die Kombination aus Archivstudien und unseren Ausgrabungen sehr stark vermuten, dass das Monument irgendwann zwischen 4500 und 3750 v. Chr., und damit zeitlich bereits vor der inneren Besiedlung, errichtet wurde." Vergleichbare Grabmonumente gibt es aus dieser Zeit heutzutage nur noch in der Bretagne, in der Region um Carnac. Es ist daher möglich, dass die damalige Bevölkerung aus Frankreich eingewandert ist.
Eines der bemerkenswertesten Forschungsergebnisse zum Projekt Kapellenberg war, dass das gesamte, heute noch gut sichtbare Wallsystem in der Jungsteinzeit errichtet wurde. "Damit ist der Kapellenberg die am besten erhaltene archäologische Fundstätte aus der Zeit vor 6000 Jahren", erklärt Gronenborn. "Kontinuierliche Ausgrabungen auf dem inneren Plateau ergaben, dass dort zwischen 3750 und 3650 v. Chr. ein Dorf mit etwa 900 Einwohnern existierte."
Seit 2008 untersucht das Römisch-Germanische Zentralmuseum, Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie (RGZM), und der Arbeitsbereich Vor- und Frühgeschichte des Instituts für Altertumswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz in Zusammenarbeit mit der hessenARCHÄOLOGIE die archäologische Fundstätte aus der Jungsteinzeit. Unterstützt wird das Projekt von der Stadt Hofheim. "Wir freuen uns, dass eine solch bedeutende Fundstätte hier in Hofheim liegt. Die Siedlung der Michelsberger Kultur zeigt, Hofheim ist in Mitten des Rhein-Main-Gebiets eine der ältesten Besiedlungen und zeigt die Bedeutung dieses Orts für Handel und Transport seit dieser Zeit", sagt Bürgermeister Christian Vogt. "In Zukunft wollen wir die Forschungen deshalb weiter unterstützen und intensiv begleiten. Ziel ist auch, die Ergebnisse für die Menschen erlebbar und sichtbarer zu machen." Deshalb ist im Sommer 2020 geplant, einen archäologischen Rundweg am Kapellenberg, gefördert von der Stiftung Flughafen, zu eröffnen. Dieser soll in den Regionalpark Rhein-Main integriert werden.
Publikation
A later fifth-millennium cal BC tumulus at Hofheim-Kapellenberg, Germany
Antiquity. 26.5.2020
DOI: 10.15184/aqy.2020.79