"Die Grabungen haben zahlreiche, sehr aussagekräftige Befunde ergeben", bestätigt der Grabungsleiter Jonathan Nekes. "Die bedeutendste Entdeckung ist ein Gebäudegrundriss." Das Haus, das hier einst stand, war aus Holz gebaut. Erhalten sind nur noch die Gruben der Pfosten, die sich als Bodenverfärbungen gut erkennen lassen. "Zwei Reihen von Pfostengruben lassen Rückschlüsse auf ein größeres Gebäude zu." Für eine genaue Rekonstruktion sind jedoch noch weitere Analysen notwendig.
Zahlreiche weitere Pfostenlöcher auf der über einem Hektar großen Ausgrabungsfläche deuten auf Nebengebäude hin. Dabei kann es sich um Speicherbauten handeln, in denen beispielsweise Getreide gelagert wurde. "Wir haben hier also nicht nur ein einzelnes Gebäude, sondern einen umfangreichen Hof", so Nekes. Anhand von Keramikscherben datieren die Archäologen die Anlage in die Eisenzeit. Der Hof hat also ein Alter von über 2.000 Jahren. Die Scherben stammen unter anderem von großen, tonnenförmigen Vorratsgefäßen, die typisch für die Epoche sind.
Darüber hinaus stießen die Wissenschaftlerinnen im Umfeld des Hauses auf Gruben. Solche Gruben wurden häufig zur Entnahme von Lehm oder zum Verwahren von Vorräten angelegt. Später wurden die Gruben dann oft zur Müllentsorgung genutzt. Auch ein Brunnenschacht kam zutage, der noch gut 2,5 Meter tief erhalten war.
"Es ist uns hier gelungen, für das gesamte Sauerland erstmals Gebäudegrundrisse aus der Urgeschichte freizulegen", erläutert Prof. Dr. Michael Baales, Leiter der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen.
Neben der eisenzeitlichen Hofstelle fanden die Forscher auf der Ausgrabungsfläche auch noch Spuren einer späteren Nutzung. Aus der Neuzeit stammen die Reste von drei großen Feldbrandöfen, in denen Kalk gebrannt wurde. Der Kalkstein konnte direkt vor Ort abgebaut werden. Mit dem Kalk als Grundstoff für Kalkmörtel sind in der Umgebung sicher zahlreiche Gebäude errichtet worden.
Erste Hinweise auf die eisenzeitliche Besiedlung erhielten die LWL-Archäologen im Frühjahr 2019 bei Probegrabungen. Die Ausgrabungen waren notwendig geworden, da dieses Areal von der Stadt Attendorn großflächig überbaut werden soll und die Archäologen eine frühere Besiedelung annahmen. "Meistens graben wir dann, wenn wir oberflächliche Funde wie Scherben oder Steinwerkzeuge haben", erklärt LWL-Archäologin Dr. Eva Cichy. "Hier in Neu-Listernohl hat uns jedoch die Geländesituation aufmerksam gemacht: Fruchtbare Böden und die Nähe eines Fließgewässers waren schon immer für Siedler attraktiv." Tatsächlich hatte die mit der Stadt Attendorn vereinbarte Voruntersuchung größere Gruben mit zahlreichen großen Keramikscherben aus der Eisenzeit erbracht. Aufgrund dieser Ergebnisse waren dann flächige Untersuchungen an der Stelle unvermeidlich, die seit Mitte Oktober von einer Fachfirma durchgeführt werden.