Der Anlass für die Ausgrabung war die Sanierung des Hauses. Dabei waren ausgedehnte Eingriffe in den Boden im Keller geplant. Die Archäologen begleiteten deshalb die Arbeiten. In Absprache mit dem Bauherrn war ein Team von freiwilligen Helfern zur Stelle, das den Boden nach Spuren aus der Vergangenheit untersuchte. Acht Wochen dauerten die Arbeiten, die eine archäologische Überraschung nach der anderen zutage förderten.
Zunächst legte das Grabungsteam den Bauhorizont für das heute noch stehende Fachwerkhaus aus der Zeit um 1660 frei. Dabei kam neben den Schieferplatten des ersten Daches und Resten der Glasfenster auch eine Mörtelgrube zum Vorschein, die einst von den Bauleuten für das Aufmauern der Kellerwände angelegt worden war. Dass die damaligen Bewohner starke Raucher waren, zeigen 37 Bruchstücke von Tonpfeifen.
Daneben bereicherten bunt bemalte und mit Bleiglasur versehene Bruchstücke von Schüsseln und Tellern das Fundspektrum. Diese Keramik kam aus dem Weser- und Werraraum. Grabungsleiter Johannes Glaw freut sich besonders über einen Steckkamm aus Knochen: »Solche Kämme dienten damals zum Hochstecken der kunstvollen barocken Frisuren der Damen.«
Die eigentliche Überraschung erlebten die Ausgräber im weiteren Verlauf der Arbeiten. Bereits einige Bruchstücke von kugeligen Töpfen aus dem 11. und 12. Jahrhundert erregten Aufmerksamkeit. Schließlich zeichneten sich vier kreisrunde Löcher im Boden ab, in denen einst Pfosten steckten, die das Dach eines Holzhauses trugen. Solche Pfostenbauten wurden im Laufe des 12. Jahrhunderts von Fachwerkbauten als Wohnhäuser abgelöst. Somit war das Grabungsteam auf Zeugnisse aus einer Zeit lange vor der frühneuzeitlichen Parzellierung der Grundstücke gestoßen. Das Gebäude weicht in seiner Rekonstruktion auch von der später üblichen Ausrichtung ab und muss deshalb älter sein.
Dr. Sven Spiong, Leiter der Bielefelder Außenstelle der LWL-Archäologie für Westfalen von den Ausgrabungsergebnissen: »Das bisher älteste Gebäude von Gütersloh entstand noch vor der nebenan errichteten ersten Steinkirche St. Pankratius von 1201, der heutigen Apostelkirche.« Spätere Untersuchungen werden sich mit der Frage beschäftigen, welchen Bezug das Haus zu einer möglichen Holzkirche als Vorgängerbau gehabt haben könnte. Auch das Alter der Kirchhofsmauer im Keller wird erforscht.
Gütersloh wird in einer Urkunde des Osnabrücker Bischofs 1184 zum ersten Mal erwähnt. »Die erfolgreiche Ausgrabung des Teams aus freiwilligen Helfern unter der Leitung des Archäologen Johannes Glaw ist ein gutes Beispiel, wie ein ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger Aufgaben eines Kommunalarchäologen übernehmen kann«, so Spiong.