Die aus einem Lärchenstamm gefertigte Skulptur ist heute noch 3,80 Meter groß. Sie hat einen großen runden Kopf und ihr Körper ist mit Zickzack-Ornamenten und anthropomorphen Gesichtern verziert. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten nachweisen, dass das Holz damals in frischem Zustand bearbeitet wurde. Die Skulptur stand allem Anschein nach längere Zeit aufrecht und diente vermutlich als ritueller Pfahl. Aus Europa sind aus dieser Zeit vor allem geometrisch verzierte Objekte aus Knochen und Geweih bekannt, und nur selten sind Menschen als kleine Strichmännchen abgebildet.
»Die Shigir-Figur zeigt mit ihrer monumentalen Erscheinung eine bislang unbekannte Seite der Kunst der ersten nacheiszeitlichen Jäger- und Sammler-Gesellschaften«, erläutert Prof. Dr. Thomas Terberger vom Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Universität Göttingen. »Zugleich verdeutlicht sie, dass die Höhlenmalereien der Eiszeit in der Nacheiszeit eine Fortsetzung in neuer Form fanden.« Bislang galten die etwa 11.000 Jahre alten Steinstelen an der Fundstelle Göbekli Tepe im Südosten der Türkei als einzige monumentale Zeugnisse dieser Zeit. »Die Figur aus dem Shigir-Moor zeigt nun, dass unabhängig davon im Ural ähnlich komplexe Objekte gefertigt wurden«, so Terberger. »Die Jäger-Sammler-Gemeinschaften der beginnenden Nacheiszeit erscheinen damit in einem völlig neuen Licht.«
Publikation
Early art in the Urals – new research on the wooden sculpture from Shigir
Antiquity 92/263, 334-350. 2018
DOI: 10.15184/aqy.2018.48