Der Obergermanisch-raetische Limes

Die Grenze des Imperium Romanum im heutigen Deutschland

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Römische KaiserzeitLimes

Limesgebiet, Limesverlauf, Forschungsgeschichte

Wenn der Besucher das Haupttor, die Porta Praetoria, des wieder aufgebauten Saalburg-Kastells bei Bad Homburg im Taunus passiert, wird er von der Statue des römischen Kaisers Antoninus Pius begrüßt. Wie nahezu jeder Imperator vor und nach ihm war auch er in besonderer Weise mit der Geschichte des Limes, der Grenze des römischen Imperiums, verbunden, vor allem auch in Germanien. Unter seiner Regierung um die Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. wurde nämlich die Limeslinie in Obergermanien und Raetien noch einmal weiter nach Osten vorgeschoben. Die beiden Provinzen Germania superior und Raetia erreichten damit ihre größte räumliche Ausdehnung. Abgeschlossen war ein Prozeß der hier im Grunde mit den ersten Eroberungszügen des Kaisers Augustus um die Zeitenwende eingesetzt hatte - freilich damals noch mit dem Ziel der Schaffung einer gesamtgermanischen Provinz, deren Grenze man gerne an der Elbe gesehen hätte, die Kerngebiete der großen germanischen Stämme wie etwa der Hermunduren, Langobarden und Sueben umfassend.

Wie eine Auffanglinie nimmt sich der Limes an den Nordgrenzen der Rhein- und Donauprovinzen gegenüber den germanischen Siedlungsräumen aus. Er markierte für jedermann sichtbar die völkerrechtlich verbindliche Grenze des Imperium Romanum zur Germania magna hin. In Deutschland besitzt er als größtes archäologisches Bodendenkmal eine Länge von 550 km, an der sich an die 100 Kastelle und um die 900 Wachturmstellen befinden. Von Neuwied am Rhein über Taunus und den Wetteraubogen verläuft die römische Grenzlinie bis zum Mainknie bei Hanau/Steinheim um hier entlang des Mains die "nasse Grenze" abzugeben, bevor sie über den Odenwald und den Neckar entlang nach Süden auf den Alblimes trifft. Ab der Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. wurde die Mainlinie nach Süden bis Miltenberg verlängert. Ab hier verlief der Vordere Limes dann schnurgerade bis nach Lorch an der raetischen Grenze, von wo ab er sich als raetischer Limes nach Osten wandte, um in einem Bogen das Nördlinger Ries einschließend gegenüber Eining bei Regensburg auf die Donau zu treffen. An manchen Strecken, vor allem in den zusammenhängenden Waldgebieten wie im Taunus, Odenwald und Welzheimer Wald sind die römische Grenzanlagen noch sehr gut erhalten. Aber auch im freien Gelände wie etwa in Ostwürttemberg und Bayern lassen sich die Reste der Raetischen Mauer, der "Teufelsmauer", noch gut erkennen. Mancher Limesabschnitt wird aber auch erst im Luftbild sichtbar.

Bereits im 16. Jahrhundert hatten sich die Humanisten mit den römischen Zeugnissen und Überresten, auch denen des obergermanisch-raetischen Limes in Deutschland, beschäftigt. Meist sammelten sie die römischen Inschriften und deuteten sie nach ihrem Kenntnisstand. Im 18. Jahrhundert waren es vor allem adlige Landesherren, die sich der Römerzeit widmeten und noch meist unsystematische Ausgrabungen durchführten. Christian Ernst Hansselmann, der Fürstlich-Hohenlohische Regierungsrat in Öhringen, beteiligte sich an der Preisfrage der Preußischen Akademie der Wissenschaften nach dem Verlauf des Limes in Deutschland und seinen Überresten. Im 19. Jahrhundert gaben sich die nach der napoleonischen Zeit überall entstehenden Altertumsvereine der Limesforschung hin, eine erste Limeskommission entstand, der aber noch wenig Erfolg beschieden war. Erst mit der Gründung der Reichs-Limeskommission durch Theodor Mommsen im Jahr 1892 wurde die römische Forschung systematisiert. Der Obergermanisch-Raetische Limes konnte durch die Ausgrabungen der Streckenkommissare in seinem Verlauf festgelegt werden und nahezu alle Kastelle und Wachturmstellen wenigstens angegraben oder im Gelände aufgenommen werden. Ein 14bändiges Werk gibt beredtes Zeugnis von den Bemühungen der Reichs-Limeskommission, das zum großen Teil aus der Feder von deren wichtigstem Vertreter, dem Freiburger Professor Ernst Fabricius, stammte. unter dem Einfluß dieser Forschungen entstand am Taunuslimes auf Geheiß des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. als originalgetreuer Wiederaufbau eines Römerkastells nach damaligem Forschungsstand die Saalburg. Die Römische Forschung in Deutschland wurde danach in den 30er und 40er Jahren situations- und ideologiebedingt etwas in den Hintergrund gedrängt, konnte aber nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die späten 90er Jahre durch zahlreiche Ausgrabungen und qualitätsvolle Forschung unzählige neue Erkenntnisse gewinnen. Heute ist der Limes wieder verstärkt in den Mittelpunkt der wissenschaftlichen Arbeit getreten, und zwar im Rahmen der Bemühungen, die Eintragung dieses Bodendenkmals in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes zu erreichen. Hier ist auch die Formulierung einer Agenda gefordert, die deutlich machen soll, wie mit den Zeugnissen der römischen Grenze in unserem Land zukünftig umgegangen werden soll. Dabei sollte eine nachhaltige Sicherung aus Sicht der archäologischen Denkmalpflege sowie eine "Vermarktung" im Sinne der geeigneten Vermittlung an die Bevölkerung unter Einsatz touristischer, wirtschaftlicher und landesplanerischer Module aus insgesamt gesellschaftspolitischer Sicht erfolgen.

Besetzung des Limesgebietes

Es hatte einige Zeit gedauert, bis die Römer nach dem Desaster des Varus (9 n. Chr.) und der Aufgabe der augusteischen Expansionspolitik die Voraussetzungen geschaffen hatten, rechtsrheinisches Gebiet wieder besetzen und strukturell so festigen zu können, daß es in den Status einer Provinz umgewandelt werden konnte. Tiberius Flavius Vespasianus, Kaiser von 69 bis 79 n. Chr., nach den Wirren des ersten Vierkaiserjahres zum Purpur gelangt, besetzte um 75 n. Chr. das wie ein Keil in das Reichsgebiet am Oberrhein reichende Vorgelände zwischen Wetterau und Hochschwarzwald. Ein Infrastrukturprogramm, das den Bau von Fernstraßen vorsah, die in bestimmten Abständen von Kastellen gesichert wurden, bildete das Rückgrat nicht nur der militärstrategischen Raumerschließung sondern auch der wirtschaftlichen Entwicklung der neu eroberten Gebiete. Diese von den Legionslagern in Mainz und Straßburg ausgehenden und durch die Wetterau und das rechtsseitige Rheintal sowie über den Schwarzwald an den oberen Neckar führenden Magistralen mit ihren Militäranlagen schufen die Voraussetzung für die weitere Entwicklung.

Der Sohn Vespasians, Kaiser Domitian (80-96 n. Chr.), konnte auf den Erfolgen des Vaters den weiteren Ausbau vornehmen. Allerdings war zunächst noch einmal der Machtanspruch Roms in einem Krieg gegen die Chatten, die im heute nordhessischen Raum siedelten, durchzusetzen. Der Abschluß der Kampfhandlungen wurde propagandistisch gefeiert und dadurch gekrönt, daß der Kaiser um das Jahr 85 n. Chr. offiziell die Provinzen Germania superior und Germania inferior ausrufen ließ. Domitian wird zudem nachgesagt, nach Abschluß der Kämpfe zur Sicherung der okkupierten Gebiete, die ersten Limesanlagen im Taunus geschaffen zu haben. Diese von der Forschung lange vertretene Meinung wurde jüngst erschüttert, als bei Betrachtung der numismatischen Befunde am Limes, d. h. unter erneuter Auswertung der Münzfunde aus den Limeskastellen, die Erkenntnis wuchs, daß der systematische Ausbau des Limes in Obergermanien und Raetien Kaiser Marcus Ulpius Traianus zuzuschreiben ist.

Und in der Tat sprechen gewichtige Indizien dafür. So wurden in traianischer Zeit - um 100 n. Chr. - die Kastelle an den alten vespasianischen und domitianischen Vormarschstraßen im Limeshinterland geräumt und die Truppen des obergermanischen Heeres, von hier und von den Legionen um deren Standort Mainz weg, in die neu errichteten Garnisonen an die Limeslinie verlegt.

Hier entstand schließlich jene lineare Aufreihung der Garnisonen, die bis um die Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. den Limeszug in Obergermanien und Raetien markierten. Damals verlief die Ostgrenze der Germania superior noch vom Main aus durch den Odenwald und den Neckar entlang zur Schwäbischen Alb.

Als der Nachfolger Traians, Kaiser Publius Aelius Hadrianus in den zwanziger Jahren des 2. Jahrhunderts n. Chr. die Provinzen seines Reiches bereiste, hatte dies auch auf das Aussehen der römischen Grenze in Germanien Auswirkungen. Hadrian brachte das Unternehmen Limes dadurch zu einem vorläufigen Abschluß, daß er die Grenzlinie durch eine Palisade verdeutlichen ließ. Sinn dieses Hindernisses war es, nicht nur die Grenze zu markieren sondern den grenzüberschreitenden Verkehr auf ganz bestimmte Durchgänge zu lenken. Hier war es sowohl möglich, die Kontrolle über die Vorgänge an einem Checkpoint zu erreichen als auch die ein- und ausgeführten Warenströme finanztechnisch zu behandeln, sprich Zoll zu erheben. Auch die Zuwanderung von germanischen Siedlergruppen konnte so gesteuert werden.

Entwicklung und Aussehen der Limesanlagen

Wir wissen, daß die Palisade in aller Regel aus Eichenholz bestand, dessen Reste sich an Limesabschnitten, die durch feuchtes Gelände führen, erhalten haben. Schon bei den Grabungen der Reichs-Limeskommission konnten z. B. in den Wörnitzwiesen bei Mönchsroth, Landkreis Ansbach am raetischen Limes, die Reste der Palisadenhölzer freigelegt werden. Mittlerweile liegen solche Holzfunde von weiteren Stellen vor, wie etwa vom Limes bei Rainau-Buch. Sie haben den Vorteil, daß man sie mittels der Dendrochronologie exakt datieren kann. So wird deutlich, daß die jüngsten Ausbesserungen an Palisaden des Obergermanisch-Raetischen Limes offenbar Ende der 60er und in den 70er Jahren des 2. Jahrhunderts n. Chr. stattfanden. Als diese schadhaft geworden waren, behalf man sich offenbar mit anderen Strukturen zur Kennzeichnung der Grenze. Es war wohl dann die einfachste Lösung, einen Graben auszuheben und das ausgehobene Erdreich zu einem Wall dahinter anzuschütten. Auch dieses Hindernis konnte weder von kleineren Neusiedlergruppen noch von mit großen Warenbeständen versehenen Händlerkonvois ohne weiteres überschritten werden. Hier funktionierte die Überwachung von den Türmen aus sicherlich bestens. Vermutlich stand die Ablösung der Palisade durch Wall und Graben auch im Zusammenhang mit einem akuten Holzmangel. Wir stoßen damit auch auf ein ökologisches Problem, das die Römer gegen Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr. hatten. Dies zusammen mit weiteren Schwierigkeiten, etwa die unter dem Druck der germanischen Einfälle zurückgehende wirtschaftliche und militärische Kraft Roms an Rhein und Donau, führten schließlich dazu, daß der Limes in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. aufgegeben wurde.

Am Anfang hatte er aus einem einfachen Patrouillenweg bestanden, an dem in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Wachtürme die Vorgänge an der Demarkationslinie überwachten. Die frühesten Wachtürme waren Holzbauten. Wie sich vor allem bei den Ausgrabungen der Reichs-Limeskommission am Odenwald- und Taunuslimes aber auch an anderen Limesstrecken herausgestellt hat, besaßen die mehrgeschossigen Holzwachtürme ein massives Untergeschoß. Die Steinsockel wiesen Auslassungschlitze auf, ein Hinweis darauf, daß sich hier einst ein Holzbalken-Gitterwerk befand, dessen Zwischenräume mit Stein-Erde-Material ausgefüllt worden war. Diese Konstruktion sollte ein schnelles Eindringen oder gar Untergraben des Turmes verhindern, diente aber offenbar auch der Trockenhaltung der gesamten Turmstelle.

Steintürme, in der Regel weiß verputzt und mit rotem Fugenstrich versehen, mit dem sauberes Quadermauerwerk vorgetäuscht werden sollte, besaßen drei Geschosse in denen Vorräte unten, die Schlafstube im 1. OG und der Wachraum im 2. OG untergebracht waren. Die mit bis zu 8 Mann besetzten Türme dienten neben der Grenzüberwachung auch der Nachrichtenübermittlung per Licht- oder Lautsignal.

Einzelne Turmstellen wurden zu Zeiten der Reichs-Limeskommission vor 100 Jahren vollständig ausgegraben, so daß man auch dort eine Abfolge der einzelnen Turmbauten feststellen kann. Außerdem zeigen die aufgedeckten Befunde, wie es in der unmittelbaren Umgebung der Wachtürme ausgesehen hat. Das Beispiel des Wachtpostens "Im Lützelbacher Bannholz" am nördlichen Odenwaldlimes beweist dies eindrucksvoll. Hier konnten die Reste zweier jeweils von einem Kreisgraben umgebenen hölzernen Wachtürme, davor das Mauergeviert des Steinturmes ausgegraben werden. Die ganze Turmstelle scheint von einem Holzzaun umzogen worden zu sein, der von der Limespalisade geschnitten wird. Zunächst hatten die Römer also einen Holzturm mit massivem Untergeschoß gebaut und ihn umzäunt. Offenbar brannte der Turm alsbald ab, so daß der Neubau eines zweiten notwendig wurde, den sie wiederum in Holz errichteten. In den Jahren 145/146 n. Chr. - wir wissen das von Bauinschriften am Odenwaldlimes - erfolgte dann der Bau des Steinturmes. Die Odenwaldlinie wurde dann aber unmittelbar darauf aufgegeben und an der vorderen Limeslinie zwischen Miltenberg am Main und Lorch an der raetischen Grenze, die seit etwa 155 n. Chr. bestand, kamen dann nur noch Steintürme zum Einsatz, was in dieser Zeit auch für die anderen Limesstrecken gilt.

Das römische Heer am Limes

Der Limes wurde von römischen Soldaten bewacht, die aus ihren Garnisonen, den Kastellen an der Limeslinie, abkommandiert wurden. Hierbei handelte es sich um Hilfstruppen, die in Reitereinheiten (alae) oder Fußtruppen, die teilweise beritten sein konnten, (cohortes, cohortes equitatae) oder um irreguläre Einheiten (numeri), dienten. Das Rückgrat der römischen Armee, der römischen Provinzialarmeen, waren aber die Legionen. Diese Elitetruppen Roms waren alles in einem: Kampftruppen, Pioniereinheiten, Ingenieurteams, Strukturentwickler, Zivilisationsträger, Siedlungsgründer, Wirtschaftsförderer, Konsumenten usw. Der römische Bürger, und nur ihm war es erlaubt, in der Legion zu dienen, konnte durch den Dienst in der Armee Karriere machen. Er konnte vom einfachen miles legionis aufsteigen zum centurio legionis, oder weiter zum primus pilus, dem besten Soldaten der Armee. Oftmals gelang dadurch auch der Aufstieg in die höheren gesellschaftlichen Schichten, etwa in den Ritterstand. Ja es war sogar möglich, die Senatorenklasse zu erreichen, wie das Beispiel des Publius Helvius Pertinax zeigt, dessen Karriere ihn ab 165 n. Chr. vom einfachen Legionssoldaten bis zum Kaiser brachte. Sicherlich eine Ausnahme, die im Krisenjahr 192/193 n. Chr., dem zweiten Vierkaiserjahr, möglich war.

Die Legion wurde von einem General, dem legatus legionis, kommandiert. Ihm zur Seite standen sechs Militärtribune, ein senatorischer und fünf ritterliche. Meist waren dies Eingangsstufen zu den großen Militär- und Verwaltungskarrieren im Römischen Reich. Geführt wurde die Truppe von den Legionscenturionen. Sie waren das eigentliche Rückgrat der Armee. In der Regel waren es altgediente Soldaten, die sich sowohl auf dem Schlachtfeld als auch im Lager- und Verwaltungsdienst bestens auskannten. Daneben gab es noch weitere Unteroffiziersränge und Gefreitenchargen, die die römische Armee zu einem stark hierarchisch abgestuften Heeresapparat mit vielfältigen Aufstiegsmöglichkeiten machten.

Der Soldat am Limes war hingegen in der Regel ein Auxiliar, ein Hilfstruppensoldat einer Ala oder Kohorte oder eines Numerus. Für sie alle galt, daß sie erst nach 25jährigem Militärdienst und einer ehrenhaften Entlassung das römische Bürgerrecht erreichen konnten. Dennoch gab ihnen die Armee Aufstiegschancen und natürlich auch Verdienstmöglichkeiten. Geführt wurden die Alen und Kohorten von Militärtribunen oder Präfekten, die Numeri meist von Legionscenturionen.

Leben im Limeshinterland

Nachdem die Grenzlinie seit Traian und Hadrian eindeutig definiert und mit Truppen bestückt war, konnte sich das zivile Leben im Limeshinterland entfalten. Traian ließ die ersten zivilen Gebietskörperschaften, die civitates, einrichten. Zum einen umfaßten sie das Siedlungsgebiet germanischer Stammesgruppen, etwa der Mattiaker oder Suebi Nicrenses (Neckarsweben), die die Römer selbst in den 20er Jahren des 1. Jahrhunderts n. Chr. gegenüber ihren Militärbasen auf der rechten Rheinseite angesiedelt hatten. Hauptort der Civitas Mattiacorum wurde Aquae Mattiacae (Wiesbaden), Mittelpunkt der Civitas Ulpia Sueborum Nicrensium Lopodunum/Ladenburg. Andere Civitates, die einfach nach geografischen Gegebenheiten benannt wurden, wie etwa die civitas Taunensium mit Hauptort Nida/Heddernheim, oder die civitas Aquensis mit Hauptort Aquae/Baden-Baden, faßten die bis dahin hier siedelnde Einwohnerschaft, die in der Hauptsache aus Gallien aber auch aus allen anderen römischen Provinzen stammte, zusammen. Insgesamt stellten die Gebiete rechts des Rheins schließlich den Siedlungsraum für eine multikulturelle Gesellschaft dar, die sich ebenso wie die Soldaten am Limes nicht als Besatzer sondern als Einwohner einer Provinz des Römischen Reiches fühlten. Bis in die ersten Jahrzehnte des 3. Jahrhunderts n. Chr. prosperierte die wirtschaftliche Entwicklung in den Rhein-Donau-Provinzen, wenn auch durch die Markommannenkriege zwischen 160 und 180 n. Chr. empfindlich beeinträchtigt. Aus einfachen Bauernhäusern auf dem Land wurden teilweise vielräumige, aufwendig ausgestattete und mit zahlreichen Nebengebäuden, darunter stets das Bad, ausgestattete Landgüter (villae rusticae), die mit ihren Produkten die kleineren Weiler (vici) und stadtartigen Siedlungen ebenso versorgten wie die Garnisonen am Limes, wo in den Lagerdörfern um die Kastelle eine bis in die mehrere Tausende gehende Einwohnerzahl erreicht werden konnte. Die landwirtschaftlichen Ressourcen wie auch die Rohstoffe wurden in einer arbeitsteiligen Wirtschaft genutzt, deren immer noch beeindruckenden Reste die Archäologen bei ihren Ausgrabungen finden. Insgesamt läßt sich das Bild einer in nahezu allen Belangen außerordentlich modernen Gesellschaft und Staatskultur entwerfen, deren Einflüsse bis heute nachvollziehbar sind.