Die Vorgeschichte Japans – Ein Überblick

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Die Jômon-Zeit ist eine der wichtigsten Epochen Japans, die auch heute noch in der japanischen Gesellschaft intensiv behandelt wird. Die Entdeckungen und Ergebnisse sind in den Medien ausführlich dokumentiert. Sie überraschten das Publikum, welch hochentwickelte Kultur die Jômon-Zeit darstellt. Aus diesen Gründen wandelte sich die Betrachtung des Images der Kultur von einer primitiven zu einer hochentwickelten Vor- und Frühgeschichtlichen Gesellschaft.

Das heutige Japan besteht aus vier großen Inseln. Im Norden befindet sich die Inselregion Hokkaidô, in der Mitte die Hauptinsel Honshû, im Südwesten die Inselregion Shikoku und im Süden die Inselregion Kyûshû (Abb.1). Gebirge erstrecken sich vom Norden bis in den Süden über ganz Japan, die Küstenlinie bilden Felsenriff- und Sandküsten, zahlreiche Binnenbuchten und Binnenmeere. Zwei Haupt-Meeresströmungen bewegen sich von Norden nach Süden und von Süden nach Norden. Da die japanische Inselkette in den mittleren Breitengraden liegt, weist das Klima deutlich voneinander abgegrenzte Jahreszeiten auf[1].

Durch die C14-Datierung ergeben sich die absoluten Datierungen. Die folgenden Datierungen wurden von Makoto SAHARA (1987) erstellt und finden bis heute in der Literatur Verwendung[2]:

  1. Beginnende Jômon-Zeit (Sôsô-ki):  ca. 12.000 bis 10.000 BP
  2. Früheste Jômon-Zeit (Sô-ki):         ca. 10.000 bis 6.000 BP
  3. Frühjômon-Zeit (Zen-ki):               ca. 6.000 bis 5.000 BP
  4. Mitteljômon-Zeit (Chû-ki):             ca. 5.000 bis 4.000 BP
  5. Spätjômon-Zeit (Kô-ki):                 ca. 4.000 bis 3.000 BP
  6. Endjômon-Zeit (Ban-ki):                ca. 3.000 bis 2.300 BP

Inzwischen verbreitet sich zunehmend die Ansicht, dass die Datierungen eine Kalibrierung mittels der AMS-Methode benötigen[3]:

  1. Beginnende Jômon-Zeit (Sôsô-ki):   ca. 15.700 bis 11.250 cal BP
  2. Früheste Jômon-Zeit (Sô-ki):          ca. 11.250 bis 7.300 cal BP
  3. Frühjômon-Zeit (Zen-ki):                ca. 7.300 bis 5.600 cal BP
  4. Mitteljômon-Zeit (Chû-ki):              ca. 5.600 bis 4.550 cal BP
  5. Spätjômon-Zeit (Kô-ki):                  ca. 4.550 bis 3.240 cal BP
  6. Endjômon-Zeit (Ban-ki):                  ca. 3.240 bis 2.410 cal BP

Die Datierungen wurden anhand von Kohlenstoff, beispielsweise an Keramik anhaftender Ruß, vorgenommen. Die kalibrierten Werte beziehen sich nur auf den Keramikstil und nicht auf die kulturellen Inhalte. Jedoch gibt es weiterhin Diskussionen, ob die Jômon-Zeit mit diesem Wert der Datierung beginnen kann, da es zu wenige Funde und damit zu wenige Beweise gibt, als dass die Einordnung umfassend für Japan gültig wäre[4]. Außerdem liegen die kalibrierten Datierungen bisher nur für einen Teil der Regionen Japans und auch nur für einen kleineren Abschnitt der gesamten Chronologie vor. Daher werden im Allgemeinen die bisherigen unkalibrierten Werte angegeben[5].

Ihre Versorgung sicherten die Menschen der Jômon-Zeit durch die Entwicklung von Steingeräten für die Jagd, Werkzeugen und Techniken für den Fang von Fischen und anderen Meeresfrüchten, die systematische Verbesserung der Fallgruben und Fortschritte in der Anlage von Vorratsgruben[9].

Die geschlagenen und geschliffenen Steinpfeilspitzen sind in allen Bereichen des Landes zu finden und der Jômon-Zeit zuzurechnen, somit sind sie als repräsentative Jagdgeräte für diese charakteristische Zeit zu nennen. Dominierte in der Forschung zunächst die Auffassung, Pfeil und Bogen seien bereits in der Beginnenden Jômon-Zeit aufgetreten, herrscht heute die Meinung vor, Pfeilspitzen, Pfeil und Bogen seien erst in der Mitte der Beginnenden JômonZeit aufgetaucht[10].

Neben der Jagd begann in dieser Zeit die aktive Nutzung mariner Nahrungsmittelressourcen. Durch die zwei starken Meeresströmungen, die kalte Oya-Shio und die warme Kuro-Shio, unterscheiden sich die an den Küsten Nord- und Südjapans lebenden Fischarten und infolgedessen auch die Fischfangtechniken sehr stark. In den Küstenbereichen finden sich noch heute zahlreiche Muschelhaufen. In den Muschelhaufen sind zahlreiche Fischgräten und Fischfanggeräte entdeckt worden[11].

Die pflanzliche Nahrung, überwiegend hartschalige Früchte wie Kastanien, Rosskastanien und Walnüsse, förderten die Stabilisierung der jômon-zeitlichen Ernährung. Die Früchte, die Bitterstoffe enthielten, wurden auf Wässerungsanlagen und auch durch das Erhitzen in Wasser entbittert. Kastanienbäume gelten seit der zweiten Hälfte des Paläolithikums als die am meisten verwendete Nutzpflanze. Anhand der DNA-Analyse der Kastanien ist erkennbar, dass sie möglicherweise bereits in der Früh- und Mitteljômon-Zeit in einigen Regionen kultiviert wurden[12]. Eindeutige Spuren von Ackerbau sind bisher nicht erkennbar. Trotz der Entdeckung von sog. Pflanzen-Opal[13] der Reispflanze in mitteljômon-zeitlichen Keramiken, ist die Theorie für den jômon-zeitlichen Ackerbau nicht aussagekräftig[14] .

Das Auftreten der Keramik (Abb. 2) gilt im Allgemeinen als Basismerkmal für den Beginn der Jômon-Zeit, da sie das Alltagsleben besonders stark veränderte und eine primäre Rolle spielte, welches sich anhand ihrer Häufigkeit in den archäologischen Funden erkennen lässt . Bis heute sind mehr als 70 Keramikstile der ca. 10.000 Jahre dauernden Jômon-Epoche bekannt. Jeder Stil verbreitete sich mit einheitlichen Eigenschaften in einer Region. Diese regionale Einheit bildet eine ethnische Gruppe, die diesen Stil der Keramikherstellung beherrschte. Ihr Hauptverwendungszweck war die Speisenzubereitung. Weiterhin wurden sie auch als Urnen im Begräbniskult verwendet und fanden teilweise auch in Feuerstellen als zusätzliche Bauelemente für die Heizung Anwendung[7].

Bemerkenswert ist die zeitliche Einordnung des Keramikkomplexes der nordostasiatischen Kultur im Amurgebiet und der japanischen Kultur. Die C14-Datierung entspricht dem gleichen Zeitbereich. Die Gemeinsamkeit gilt auch für den Steingerätkomplex. Die beidflächig bearbeiteten, großen blattförmigen Steinspeerspitzen und Beile haben Ähnlichkeit mit der nordostasiatischen Kultur im Amurgebiet[8].

Mit der stabilen, umfangreichen Nahrungsbeschaffung veränderte sich seit dem Paläolithikum auch die Siedlungsweise der Menschen auf der japanischen Inselkette eindeutig. Die paläolithischen Jäger blieben nur so lange an einem Ort, solange sie Jagderfolg hatten. Hingegen waren die Jômon-Menschen, die die Jagdtechniken verbessert, den Pflanzennahrungserwerb optimiert und die Fischerei effektiver gestaltet hatten, in der Lage, ihre Nahrung leichter zu gewinnen und Überschüsse zu erzeugen, die eine Vorratswirtschaft ermöglichten. Dies alles ermöglichte die Aufgabe des nomadenhaften Lebens und den Übergang zur Sesshaftigkeit[15]. Grubenhäuser sind die repräsentative Behausung der JômonZeit (Abb. 3). Von der Beginnenden bis zur Endjômon-Zeit erstreckt sich ihre Verbreitung über das ganze Land. Im Laufe der Zeit entstanden großförmige Siedlungen und verschiedene Bautenformen, wie die langrechteckigen Häuser, sowie Bauten mit direkt in den Boden eingetieften Pfosten[16].

Mit der Sesshaftwerdung wandelten sich auch die Begräbnisformen. Die grundsätzliche Bestattungsform in der Jômon-Zeit war die Erdbestattung in einer ausgehobenen Grube. In einer Erdgrube wurde jeweils nur ein Leichnam begraben. Im Gegensatz zur Primärbestattung handelt es sich bei einer Sekundärbestattung um eine Wiederbestattung. Dabei wurden die menschlichen Überreste zunächst wieder ausgegraben und dann erneut bestattet. Die Primärbestattungen dienten dazu, die Verwesung der Leiche bis zur Skelettierung herbeizuführen[17].

In der Jômon-Zeit gab es viele Gegenstände, deren Funktionen und Zwecke uns heute unklar sind. Hierunter fallen zum Beispiel anthropomorphe Tonfiguren, die »dogû« genannt werden. Die heutige Forschung nimmt an, dass die Tonfiguren vor allem bei der Ausübung von Riten eine Bedeutung besaßen. Die Figuren verkörperten vermutlich Götter, Naturgeister, Talismane oder Fetische[18].

Die elementaren Eigenschaften der Gesellschaft - Anpassungsadaption auf Klima- und Umweltänderungen, Entwicklung der materiellen Kultur, in Bezug auf Keramiken, Werkzeuge und Kulturgegenstände, religiöse Ausrichtung und Struktur der Gemeinschaften - sind während der gesamten Jômon-Zeit nicht durch völlig andere elementare Eigenschaften und gesellschaftliche Ordnungen ersetzt worden. Sie blieben vielmehr über 10.000 Jahre relativ stabil.

Die Herkunft der Jômon-Kultur ist in der aktuellen Forschung bisher noch nicht endgültig entschieden. Sie kann sowohl ein Import aus Nordostasien, aber auch innerhalb der japanischen Inselkette als eine eigenständige, autarke Kultur entstanden sein. Möglich wäre es auch, dass es in den jeweiligen Gebieten zum annähernd gleichen Zeitpunkt zu äquivalenten, eigenständigen Entwicklungen gekommen ist. Für eine weitere Klärung der Ursprünge der Jômon-Kultur erfordert es noch wesentlich mehr wissenschaftliche Daten.

Literatur

Fujio, Shinichirô: Jômon-Ronsô (Tôkyô 2002) S. 29-31, 56-61.

Imamura, Keiji: Jômon no Jitsuzô wo motomete (Tôkyô 1999) S. 54-69, 117-118.

Kobayashi, Tatsuo: Jômon-Doki no Kenkyû (Tôkyô 2002) S. 15, 71.

Kudô, Yûichirô / Kobayashi, Kenichi / Kokuritsu-Rekishi-Minzoku-Hakubutsukan (Hrsg.) Jômon-Jidai wa itsukara!? (Tôkyô 2011) S. 19-24.

Okamura, Michio: Jômon no Seikatsushi (Tôkyô 2008) S. 54, 174-175.

Taniguchi, Yasuhiro: Kyokutô ni okeru Doki-Shutsugen no Nendai to Shoki no Yôto. In: Nagoya-Daigaku Kasokuki-Shitsuryô-Bunsekikei-Gyôsekihôkokusho, Vol. 16 (Nagoya 2005) S. 39.

Teshigawara, Akira: Jômon-Bunka (Tôkyô 1998) S. 14-16, 65-67.

Wieczorek, Alfried / Steinhaus, Werner / Sahara, Makoto (Hrsg.): Zeit der Morgenröte. Japans Archäologie und Geschichte bis zu den ersten Kaisern. Handbuch (Mannheim 2004) S. 20, 71-73, 96-97, 113-116, 162.

Fussnoten
  1. Teshigawara, Akira: Jômon-Bunka (Tôkyô 1998) S. 14-16.

  2. Fujio, Shinichirô: Jômon-Ronsô (Tôkyô 2002) S. 56-58.

  3. Wieczorek, Alfried / Steinhaus, Werner / Sahara, Makoto (Hrsg.): Zeit der Morgenröte. Japans Archäologie und Geschichte bis zu den ersten Kaisern. Handbuch (Mannheim 2004) S. 72.

  4. Fujio (2002) S. 59-61.

  5. Wieczorek (Hrsg.) (2004) S. 20.

  6. Okamura, Michio: Jômon no Seikatsushi (Tôkyô 2008) S. 54.

  7. Kobayashi, Tatsuo: Jômon-Doki no Kenkyû (Tôkyô 2002) S. 71, 15.

  8. Imamura (1999) 117-118.

  9. Imamura, Keiji: Jômon no Jitsuzô wo motomete (Tôkyô 1999) S. 54-69.

  10. Kudô, Yûichirô / Kobayashi, Kenichi / Kokuritsu-Rekishi-Minzoku-Hakubutsukan (Hrsg.) Jômon-Jidai wa itsukara!? (Tôkyô 2011) S. 19-24.

  11. Wieczorek (Hrsg.) (2004) S. 73, 113-116.

  12. Okamura (2008) S. 174-175.

  13. Pflanzen-Opal ist ein Pflanzenmaterial, das Mineralpartikel aus wasserhaltiger Kieselsäure enthält. Die Analyse von Pflanzen-Opal machte die Rekonstruktion der Umweltbedingungen möglich. Wieczorek (Hrsg.) (2004) S. 71.

  14. Imamura (1999) 117-118.

  15. Teshigawara (1999) 65-67.

  16. Wieczorek (Hrsg.) (2004) S. 96-97.

  17. Ebd. S. 162.

  18. Fujio (2002) S. 29-31.