Miteinander reden: Energiewende fördern und Kulturgüter schützen
»Nun geht es darum, die Energiewende nachhaltig voranzutreiben und dabei Kulturgut und archäologische Schätze zu schützen, die durch unter- und oberirdische Stromtrassen, Solar- und Windparks auf historischen Flächen und durch den düngerintensiven Anbau von ‚Energiepflanzen‘ gefährdet sind«, resümierte Dr. Paul Bellendorf, DBU-Referent für Umwelt und Kulturgüter.
Die Energiewende könne und müsse nicht nur auf der technologischen und politischen Ebene verwirklicht, sondern auch durch die Archäologie mitgestaltet werden, betonte Dr. Henning Haßmann von der Abteilung Archäologie des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege. »Bei guter Planung und rechtzeitiger Absprache lässt sich das klischeehafte Gegeneinander von Denkmalschutz und Baumaßnahmen von Biogasanlagen, Wind- und Stromparks durchaus überwinden. Im Idealfall entstehen bei einem solchen Projekt sogar bislang ungenutzte Synergieeffekte zwischen Naturschutz und Denkmalpflege«, äußerte sich Haßmann optimistisch. So seien zum Beispiel bei sogenannten Notgrabungen im Zuge geplanter Erdgasleitungen Altsiedellandschaften oder Goldfunde aus der Bronzezeit entdeckt worden.
Doch trotz oder gerade wegen der Erfahrungen und positiven Beispiele der letzten zwanzig Jahre dürften die Probleme und zukünftigen Herausforderungen für die Denkmalpflege nicht aus dem Blick geraten. »Negative Auswirkungen durch die Installation von Fundamenten für Windkraftanlagen und Solaranlagen über historischen Klöstern, Befestigungen oder Siedlungen können durch eine sachgemäße Beteiligung von Archäologen verringert werden«, forderte Dr. Thomas Westphalen, Leiter der Abteilung Archäologische Denkmalpflege im Landesamt für Archäologie in Sachsen. Vorab durchgeführte Grabungen könnten die Befunde sichern und Schäden am kulturellen Erbe verhindern. Vorausschauendes Denken sei gefragt, um auch die langfristigen Probleme der Energiewende in den Griff zu bekommen. So müsse beispielsweise schon beim Errichten von Solaranlagen an die Zeit nach ihrer Nutzung gedacht werden, etwa an eine Wiederherstellung landwirtschaftlicher Flächen durch tiefgründige Bodenlockerungen.
Für den Erhalt kultureller Güter und archäologischer Zeugnisse in Feuchtgebieten seien intakte Moore die Ideallösung. »Doch das ist nicht zu erreichen, weil viele Flächen entwässert wurden. Eine Wiedervernässung wäre nicht nur aus denkmalpflegerischer Sicht sondern auch aus Gründen des Umweltschutzes wünschenswert«, erklärte Haßmann. Einig waren sich sowohl die Archäologen als auch die Planer, Netzbetreiber und Umweltschützer darin, dass die Aspekte der archäologischen Denkmalpflege und des Schutzes von Kulturlandschaften künftig noch stärker in die Agrarumweltförderung einfließen müssen. Bellendorf: »Die Energiewende führt zu massiven Eingriffen in historisch gewachsene Landschaften, die unbedingt archäologisch begleitet werden müssen. Dabei können viele wertvolle Funde gemacht werden, die wichtige Informationen über das Leben unserer Vorfahren liefern. Allerdings ist eine fachgerechte Dokumentation und Bergung der Funde für die Archäologen nur ein erster Schritt. Nur durch eine anschließende wissenschaftliche Aufarbeitung kann das ganze Potenzial der Grabungen genutzt werden.«
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