Römische Wohnkultur in Ennetbaden

Die Kantonsarchäologie Aargau untersucht einen nahezu unbekannten Bereich des römischen Badekurortes Aquae Helveticae. Bemerkenswert sind sowohl der gute Erhalt der Ruinen, als auch die Dimensionen der antiken Bebauung.

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Beim Aushub zur Überbauung "Zentrum I" am Postplatz in Ennetbaden ist man im Herbst 2006 auf mächtiges römisches Mauerwerk und Gussböden gestossen. Seit Mitte April diesen Jahres werden die römischen Siedlungsreste im Rahmen einer Ausgrabung systematisch untersucht und dokumentiert. Die Arbeiten werden Ende April 2009 abgeschlossen sein.

Ausserhalb der Kernsiedlung - und doch prominent gelegen

Der römische Badekurort Aquae Helveticae entstand im früheren 1. Jahrhundert n. Chr. um die heute noch in Betrieb stehenden Thermalquellen. Dass sich die Siedlungsfläche nicht ausschliesslich auf die Badener Seite des Limmatknies beschränkte, haben einzelne Fundmeldungen aus dem späten 19. Jahrhundert angekündigt.

Die Wahl dieses peripher gelegenen Siedlungsplatzes dürfte hauptsächlich zwei Gründe gehabt haben: Die sonnseitige, erhöhte Lage in unmittelbarer Nähe zu den Thermen und die Anbindung an die Ausfallstrasse Richtung Zurzach und Oberwinterthur, römisch Tenedo und Vitudurum.

Diesen Vorzügen stand das steil ansteigende Gelände entgegen, das durch umfassende Planierungen ausgeglichen werden musste. In der Folge entstand um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. auf Ennetbadener Boden eine terrassierte Überbauung wie sie im Mittelmeerraum wesentlich häufiger anzutreffen ist als bei uns. Der Verlauf der bisher freigelegten Mauerzüge lässt vermuten, dass die Anlage als zusammenhängender Gebäudekomplex zu verstehen ist. Denkbar wäre ein auf den Durchgangsverkehr ausgerichtetes Gewerbehaus oder ein repräsentativer Wohnbau. Für eine abschliessende Beurteilung der Befunde ist es indes noch zu früh.

Gepflegte Wohnkultur über ein Vierteljahrtausend

Eindeutiger sind bereits jetzt Hinweise auf eine gepflegte Wohnkultur im rückwärtigen Bereich der Bebauung. Ein Raum mit Hypokaust, dem System der indirekten Boden- und Wandbeheizung, und beachtliche Mengen an aufwendig bemaltem Wandverputz, übersteigen den normalen Ausstattungsstandard jener Zeit.

Die bisher geborgenen Funde zeigen, dass der Ennetbadener Gebäudekomplex eine Nutzungsdauer von rund einem Vierteljahrtausend umfasst. Den Endpunkt der Siedlungsgeschichte markiert ein Brand, der frühestens in die Zeit um 260/280 n. Chr. fällt. Seltenes Trinkgeschirr wie zwei sogenannte Spruchbecher aus Trier an der Mosel zeigen, dass kurz zuvor noch eine Nachfrage für exklusivere Importgüter bestand. Der Grund für die Zerstörung bleibt zu untersuchen; neben anderen Erklärungsmöglichkeiten ist auch eine Brandschatzung durch einfallende Alemannen nicht auszuschliessen.