Leipzig: Institut für Klassische Archäologie fällt Sparzwang zum Opfer

Mitarbeiter und Studierende erfuhren aus der Presse von geplanter Schließung ihres Instituts

Ab 2015 sollen an der Universität Leipzig 24 weitere Stellen abgebaut werden. Um diese Vorgabe des sächsischen Wissenschaftsministeriums umzusetzen, plant das Rektorat u.a. die Schließung des Instituts für Klassische Archäologie. Damit wird das Fach an keiner einzigen Universität im Freistaat Sachsen mehr studiert werden können. Aktuell eingeschriebene Studierende sollen ihr Studium jedoch noch ordnungsgemäß beenden können, hieß es in der Mitteilung.

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Schließung des Instituts für Klassische Archäologie
»künftig wegfallend«: Das Institut für Klassische Archäologie soll 2015 geschlossen werden.

In der Annahme, dass es in Zukunft weniger Studienanfragen geben wird, sieht die Landesregierung für den Freistaat Sachsen eine weitere Streichung von landesweit mehr als 1.000 Stellen vor. Seit 2011 hatte die Uni Leipzig bereits 48 Stellen abgebaut. Die am 21. Januar angekündigte Streichung bedeutet nun das Aus für die Fächer Klassische Archäologie und Theaterwissenschaften in Sachsen. Die entsprechenden Studiengänge werden zum nächstmöglichen Zeitpunkt eingestellt, Neueinschreibungen sind dann nicht mehr möglich.

Zu der Frage warum gerade diese Fächer dem Rotstift zum Opfer fallen sollen, erklärte Rektorin Prof. Dr. Beate Schücking gegenüber dem Lokalsender info tv leipzig: »Es handelt sich hier um kleinere Institute, die für das Kernprofil der Universität Leipzig weniger wichtig sind als andere. Es handelt sich auch um Bereiche, die von der Größe her und von der Zugehörigkeit zu den Forschungsprofillinien der Universität weniger relevant sind als andere. Es sind dann immer mehrere Faktoren, die eine Rolle spielen«.

In der Archäologie gebe es ein breites Angebot in Mitteldeutschland (Halle und Jena), der Wissenschaftsrat habe erst kürzlich die Bedeutung der Archäologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) hervorgehoben. »Unser Institut ist traditionsreich und verdient, aber im Vergleich zum halleschen Pendant klein. Wir haben daher auch Gespräche mit dem Rektorat der MLU geführt. Das entspricht der SMWK-Forderung, dass wir uns bei den Fächern abstimmen sollen«, erklärte Schücking. Dieser Punkt stehe auch in der Zielvereinbarung, auf die sich Universität und Ministerium im vergangenen Jahr verständigt haben.

Die Betroffenen jedenfalls wurden von den Planungen des Rektorats kalt überrascht. Prof. Hans-Ulrich Cain, Leiter des Instituts für Klassische Archäologie, wurde davon erst unterrichtet, als die Entscheidung bereits gefallen war. Eine Begründung für den Entschluss habe er seitens des Rektorats nicht erhalten, erklärte er gegenüber dem MDR. Lediglich der Pressemeldung vom Dienstag habe er entnehmen können »dass unser Institut hier in Leipzig klein ist im Vergleich zu dem Institut für Klassische Archäologie an der Universität Halle«. Auch Prof. Günther Heeg, der geschäftsführende Direktor des Instituts für Theaterwissenschaft, fühlte sich von der Uni-Leitung regelrecht »überfallen«. Man habe keinen persönlichen Kontakt zum Rektorat und »weder den Grund noch Kriterien für die Schließung erfahren«. Mitarbeiter und Studierende mussten dann der Presse entnehmen, was ihrem Institut bevorsteht. Sie wollen die Schließung ihres Instituts jedenfalls nicht widerstandslos hinnehmen und fordern das Rektorat auf, den Beschluss zurück zu nehmen.

Der Fachschaftsrat Archäologie befürchtet, dass die Schließung des Instituts für Klassische Archäologie nur der Anfang war: »Da durch das Wegfallen der Klassischen Archäologie die Hälfte des Studienganges wegbricht, stellt sich gleichzeitig die Frage, was auf lange Sicht mit der Ur- und Frühgeschichte passieren soll«, heißt es auf der Homepage des FSR. Die Bedenken dürften angesichts der Pläne der Landesregierung, bis zum Jahr 2020 insgesamt 1042 Stellen an den sächsischen Universitäten zu streichen, berechtigt sein.

Der Student_innenRat der Universität Leipzig (StuRa) verurteilte die Pläne aufs Schärfste. Dessen Geschäftsführerin Katja Seifert sagte: »Immer schärfer kristallisiert sich damit im Profil der Uni Leipzig eine Vernachlässigung der geisteswissenschaftlichen Fächer heraus. Entgegen des Versprechens der Universitätsleitung, diese als klassische Volluniversität zu behalten, wird zukünftigen Studierenden ein immer kleiner werdendes Spektrum an Wissenschaftlichkeit geboten«.

Der Senat der Universität Leipzig gab zu den Streichungspläne folgende Stellungnahme ab:

Der Senat der Universität Leipzig nimmt missbilligend zur Kenntnis, dass das Rektorat sich unter dem Druck der Stellenstreichungsvorgaben des Freistaates Sachsen gezwungen sah, tragende Stellen in den Instituten für Klassische Archäologie und Theaterwissenschaften sowie im Wilhelm-Ostwald-Institut für Physikalische und Theoretische Chemie und der Verwaltung als »künftig wegfallend« zu melden.

Der Senat stellt zum wiederholten Male fest, dass das den Stellenstreichungen des Freistaats im Hochschulbereich zugrundeliegende Zahlenmaterial der Realität nicht entspricht und im Widerspruch zur Rolle der Universität Leipzig als Wirtschaftsfaktor der Region und des Freistaats steht.


Auch außerhalb der Universität stoßen die Pläne auf breite Kritik. Der kulturpolitische Sprecher der Grünen im sächsischen Landtag, Karl-Heinz Gerstenberg, sprach in einer ersten Stellungnahme von einem Supergau für die sächsische Hochschul- und Kulturlandschaft. Holger Mann, Sprecher für Hochschule und Wissenschaft der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, erklärte: »Von einer "abgestimmten Fächerplanung", wie im Hochschulentwicklungsplan angekündigt, kann kaum die Rede sein. Dieses Sterben von "Orchideenfächern" wird von der Staatsregierung offensichtlich bewusst in Kauf genommen.« Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) hat ebenfalls kein Verständnis für das Finanzdiktat der Landesregierung und hält die Streichungen für ein falsches Signal an die Forschungslandschaft. Statt das Bild zu vermitteln, Bildung und Wissenschaft hätten keinen hohen Stellenwert in Sachsen, müsse vielmehr in diese Bereiche investiert werden, um als Standort attraktiv zu bleiben und junge Menschen anzuziehen.