Kulturerhalt-Maßnahmen in Äthiopien

Vor wenigen Jahren entdeckte ein Team des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) im Hochland von Äthiopien einen Tempel des sabäischen Mondgottes Alamaqh. Er gilt als einer der ältesten Fundstätten der Region und ist jetzt als Open Air Museum zugänglich.

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Das neue Schutzdach des Almaqah Tempels in Wuqro/Tigray (Foto: P. Wolf, Orient-Abt. 2012)
Das neue Schutzdach des Almaqah Tempels in Wuqro/Tigray (Foto: P. Wolf, Orient-Abt. 2012)

Nach der überraschenden Entdeckung südarabischer Kult- und Votivobjekte in der Nähe von Wuqro im äthiopischen Hochland im Jahr 2007, legte ein internationales Team des DAI und der Tigray Culture Agency einen bemerkenswert gut erhaltenen Tempelbezirk des sabäischen Mondgottes Almaqah (8. - 6. Jahrhundert v. Chr.) frei. Inzwischen hat sich die Ausgrabungsstätte zu einem Fundplatz entwickelt, an dem man auf unvergleichliche Weise die frühe Kultur des nördlichen Äthiopien und ihre Beeinflussung durch Südarabien im 1. Jahrtausend v.Chr. studieren kann.

Bereits 2008 versuchte die Tigray Culture Agency die Tempelruine, eine der ältesten Fundplätze in Äthiopien, mit einem provisorischen Dach zu schützen. Dabei kam die Frage auf, wie man diesen besonderen Ort des kulturellen Erbes der Öffentlichkeit in Zukunft präsentieren und zugänglich machen soll. "Wir haben gemeinsam die Idee entwickelt, aus dem Ausgrabungsareal ein Open Air Museum zu machen", sagt Pawel Wolf, Grabungsleiter in Wuqro. Zwei wichtige Schritte in diese Richtung konnten in den letzten beiden Jahren verwirklicht werden.

Nachdem ein großer Komplex von Nebenräumen gefüllt mit Votivobjekten, Keramik und anderen Artefakten, die vom Alltagsleben im 1. Jahrtausend v. Chr. erzählen, ans Licht kam, wurde das provisorische Dach zu klein und es musste dringend eine neue Lösung gefunden werden. Mit finanzieller Unterstützung des Auswärtigen Amts und der Deutschen Botschaft in Addis Abeba begannen die Planungen eines neuen Schutzdachs. Da keine Stützpfeiler direkt in den Befund eingreifen sollten, war eine maximale Überspannung von 20 x 25 Metern möglich, wie der Ingenieur Fesehatsion Wolday, der auch Bauplan erstellte und die Umsetzung betreute, errechnet hat. Diesen Monat ist das neue Dach, das von der in Mekelle ansässigen Firma "Wolday Building Constructor" errichtet wurde, fertig gestellt worden. Mit fünf Metern Höhe überspannt es nun den gesamten heiligen Bezirk des Almaqah Tempels und erlaubt gleichzeitig einen freien Blick in die Ruinen und das Kultinventar.

Wie jedoch soll das Kultinventar geschützt werden? Beispielsweise der Altar, der einen der am besten erhaltenen seiner Art auf beiden Seiten des Roten Meeres darstellt. Es handelt sich um eine exzellente Steinmetzarbeit, die vor 3.000 Jahren aus lokalem Kalkstein von südarabischen Handwerkern hergestellt wurde. Seine Inschriften erhalten den ersten schriftlichen Beleg für die Existenz von Yeha, der Hauptstadt des damaligen Königreichs. Es ist klar, dass solch einzigartige Objekte nicht ungeschützt am Fundplatz verbleiben können. Aber ein Open Air Museum ohne die Funde scheint genauso unmöglich. Deshalb haben Kebede Amare und Ricardo Eichmann, die Projektleiter des Joint Archaeological Project, beschlossen, die Originale durch Repliken zu ersetzen.

Mit erneuter Unterstützung des Auswärtigen Amts und der Deutschen Botschaft konnte dieser Plan 2011 - 2012 durch die deutschen Restaurierungsspezialistsen "Restaurierung am Oberbaum" umgesetzt werden. Jan Hamann und sein Team fertigten spezielle Silikon-Gips-Abgüsse: eine Kombination aus 2,5 Tonnen traditioneller Abgusstechnologie mit moderner Chemie. Die Kopien wurden aus einer Zement-Kalk-Schotter-Mixtur gemischt mit natürlichen Pigmenten hergestellt, wodurch die Repliken den Originalen täuschend nahe kommen.

Damit sind zwei wichtige Schritte auf dem Weg zu einem Open Air Museum gemacht. Während die Ausgrabungen im Haupttempel des Almaqah fast abgeschlossen sind, sollen zukünftige Arbeiten das gesamte Heiligtum zutage fördern. Die Besucher können parallel den Tempel und seine umgebenden Räume betreten und anhand von Informationstafeln mehr über das Heiligtum, seine Funktion und sein Inventar erfahren.

Das Joint Archaeological Project ist Teil einer Kooperation zwischen der Orient-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts unter der Leitung von Ricardo Eichmann und der Tigray Culture Agency unter der Leitung von Kebede Amare.

Hauptraum des Almaqah Tempels – Kopien des sabäischen Libationsaltars und des Kultinventars im Altarraum (Foto: P. Wolf, Orient-Abt. 2012)
Hauptraum des Almaqah Tempels – Kopien des sabäischen Libationsaltars und des Kultinventars im Altarraum (Foto: P. Wolf, Orient-Abt. 2012)