Götter aus Staub geboren

Sommerferien stehen an. Viele fahren in den Süden. Ob Badereise oder Städtetour, ein Besuch im Museum ist eine oft eingeplante Abwechslung. Beispiel Griechenland: Antike Stätten locken den Besucher mit Tempelruinen, Tonscherben und Marmorbüsten.

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Original oder Replik, die bewundernd blickenden Besucher wissen das kaum zu unterscheiden. Längst ist es üblich, die kostbaren, tausend Jahre alten Stücke vor interessierten Händen oder schädlichen Abgasen zu schützen. Ersetzt werden sie von exzellent gemachten Kopien. Einen alternativen Weg Repliken zu erstellen, fand das IFAM mit Partnern aus Griechenland und England. Im EU-Projekt ECOMARBLE wurde untersucht, inwieweit Marmorstaub zum Bau von Skulpturen taugt.

Marmor ist seit der Antike ein gefragtes Material - für Architektur oder Kunst. Ägypten, Italien und Griechenland sind Hauptexporteure für den kostbaren Stein. Jährlich werden mehrere Tausend Tonnen Rohblöcke abgebaut. Dabei entstehen als Abfall unzählige Tonnen Marmorstaub. Zu schade, um ihn ungenutzt zu entsorgen. "Zwei unterschiedliche Themen haben wir im Projekt ECOMARBLE untersucht", berichtet Dirk Hennigs vom IFAM in Bremen. "Eine der Aufgaben war exakte Kopien historischer Originale herzustellen. Auf der anderen Seite ging es darum, Marmorobjekte für den Massenmarkt zu produzieren, beispielsweise mit dem Spritzgussverfahren."

Um eine Kopie zu erstellen, müssen zuerst die exakten Geometriedaten des Originals erfasst werden. Eine Schwierigkeit war, die Originale dreidimensional zu vermessen. Denn oft dürfen sie nicht berührt, geschweige denn transportiert werden. Das griechische Unternehmen Geoanalysis lieferte das Verfahren: "Digital Photogrammertry". Als Teststück wählten die Forscher den Kopf der Hygeia; in der antiken griechischen Mythologie die Göttin der Gesundheit (Abbildung). Ein transportables Gerät erfaßt berührungslos Konturen und Maße des Kopfes. Automatisch erstellt es ein dreidimensionales Computermodell des Originals. "Mit Hilfe dieses Modells und 3D-Printing-Verfashren können wir den Kopf der Hygeia dreidimensional Schicht für Schicht ausdrucken. Dieses Verfahren ist europaweit einzigartig. Nahezu alle pulverförmigen Materialen lassen sich verarbeiten, auch Marmorstaub", erklärt Hennigs.

Frisch aus dem 3-D-Drucker ist der Kopf noch porös: 35 Prozent des Volumens bestehen aus kleinsten Poren und damit aus Luft. Nach einem halben Tag Aushärtezeit ist Schleifen und Polieren problemlos möglich - der Kopf der Hygeia ist fertig. "Im Vergleich zu einer handgefertigten Kopie vom Steinmetz ist das Verfahren deutlich schneller und damit auch deutlich preisgünstiger. Eine Alternative für Museen, die sensible Kostbarkeiten in hoher Qualität ersetzen wollen", sagt Hennigs.

Dass die Freude an den Repliken von Dauer ist, stellten die Forscher sicher. Sie testeten die Langzeitstabilität der Objekte beispielsweise in einer Klimakammer bei extremen Temeperaturen. Bislang zeigen sich noch keine erkennbaren Alterungserscheinungen. Nur wenn sie zu Boden fällt und zerbirst, wird die Büste wieder zu Scherben - und zu Staub.