Dumm gelaufen: Nach einem Palast wurde in Karakorum gar nicht gesucht

Entschiedener Widerspruch des DAI zu einem Artikel in der ZEIT, der den Archäologen unprofessionelles Vorgehen unterstellt

Über mehrere Jahre hinweg hätte ein Forscher des Deutschen Archäologischen Instituts an der falschen Stelle nach dem Palast des Ögedei Khans gesucht, weil er die Dokumentation vorangegangener Untersuchungen nicht gelesen habe, schrieb Karl F. Gründler in der ZEIT vom 7.2.2008. Diese Behauptung sei falsch und überhaupt war die Suche nach dem Palast gar nicht Ziel der Untersuchungen, wie das DAI in einer Gegendarstellung ausführt.

Nachrichten durchblättern
Karakorum, Mongolei
Hier liegt der Palast: Karakorum, Mongolei (Quelle: Google Earth)

Es hätte so ein schöner Skandal sein können: Schlampige Forscher vergeuden Steuergelder und werden dafür vom Wissenschaftsrat gelobt. Dumm nur, dass der Autor des ZEIT-Artikels »Dumm gegraben« wohl einiges durcheinander gebracht oder falsch verstanden hat.

Wie aus einer Stellungnahme des DAI hervorgeht, entsprechen die Schilderungen über die Ziele des Projektes und die Vorgehensweise des Bonner Archäologen Prof. Dr. Hans-Georg Hüttel wohl nicht ganz den Tatsachen. Im Artikel heisst es: »Er suchte nach dem Palast des Ogodai Khan, des Sohnes und Thronfolgers Dschingis Khans. 2004 musste Hüttel feststellen, dass er jahrelang damit beschäftigt war, die falsche Anlage freizulegen. Ursache der peinlichen und teuren Fehlgrabung: Der Professor hatte sich mangelhaft vorbereitet.« Allerdings ging es bei den Grabungen gar nicht darum, einen Palast freizulegen, vielmehr sollte die Hypothese des russischen Archäologen Sergej Kiselev überprüft werden, der die fragliche Stelle 1949 als »Palastbezirk« gedeutet hatte. Dass es sich bei dem fraglichen Areal keineswegs um einen Palast sondern um die Reste eines buddhistischen Tempels handelt, stand schnell fest. Die Ausgrabungen waren demnach auch keine »peinliche und teure Fehlgrabung«, sondern ermöglichten erstmals die fundierte Falsifizierung von Kiselevs Hypothese und erbrachte wichtige stratigraphisch-chronologische Daten zur buddhistischen Kulturgeschichte der Mongolei.

Die Zielsetzung des Projektes ist im Katalog zur Ausstellung »Dschingis Khan und seine Erben« nachzulesen, wie sie auch im Antrag an die Deutsche Forschungsgemeinschaft formuliert ist: »Schwerpunkte des beantragten Projekts sind zum einen die frühe Hauptstadtperiode zwischen 1220 und 1260, zum anderen die „Archäologie des Buddhismus“ in Karakorum von den fraglichen Anfängen in der uighurischen Periode (8./9. Jh.) bis zur Gründung des Klosters Erdene Zuu im Jahre 1585.«

Hüttel hatte Gründler das Vorhaben in zwei Gesprächen erläutert. Anscheinend fehlte dieser Version der Geschichte jedoch noch der »journalistische Zündstoff«. Diesen lieferte der Autor dann durch die  Interpretation »Archäologe sucht jahrelang mit Steuergeldern nach Palast, findet aber keinen« nach.
Klingt ja auch irgendwie interessanter als: »Archäologe stellt fest, dass die Hypothese eines Kollegen falsch ist«...