Bösartige Tumoren in der Antike selten

Krebs ist eine moderne Krankheit, die vor allem auf Umwelteinflüsse wie Verschmutzung, Ernährung und Lebensstil zurückgeht. Das behaupten Forscher der Universität Manchester in der Fachzeitschrift Nature. Sie suchten in allen relevanten Quellen seit der Antike nach Hinweisen auf Krebs.

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Mumie in Bogota
Wohl nicht an Krebs gestorben: Mumie im kolumbianischen Nationalmuseum in Bogota. Foto: Martin St-Amant / CC-BY-SA

Laut den Ergebnissen der britischen Wissenschaftler war die Krankheit früher extrem selten und stieg erst seit 300 Jahren zur heute zweithäufigsten Todesursache in Industrieländern auf. Die Ägyptologin Rosalie David zeigte kürzlich, dass Priester im alten Ägypten häufig an beschädigten Arterien litten, was vielleicht eine Folge vieler ungesunder Festbankette war. Nun suchte sie in hunderten Mumien aus verschiedenen Erdteilen nach Hinweisen auf eine Krebserkrankung. Fündig wurde sie dabei nur selten. Der erste histologische Beweis eines bösartigen Tumors - eines Kolorektalkarzinoms - gelang für eine Mumie aus der Ptolemäerzeit um 300 vor Christus.

Davids Team überprüfte zudem auch Literatur aus Ägypten und Griechenland sowie medizinische Studien von Menschen und Tieren früherer Zeiten. Auch in tierischen Fossilien oder bei nicht-menschlichen Primaten waren Hinweise darauf nur sehr spärlich gesät. Wissenschaftliche Dokumentationen für Krebs und dessen Operationen gibt es erst ab dem 18. Jahrhundert, etwa jene für Schornsteinfegerkrebs (1775), Nasenkrebs (1761) und Hodgkin-Lymphom (1832).

Mit der industriellen Revolution stieg die Krankheitsrate massiv an, besonders auch Krebs im Kindesalter. Das widerlegt für die Forscher das Gegenargument, dass Menschen heute länger leben und deshalb eher Krebs bekommen. "Zudem lebten viele Ägypter und Griechen lange genug, um Arteriosklerose, Morbus Paget oder Osteoporose zu entwickeln", so David. Ihr Mitautor Michael Zimmermann wies zudem in Experimenten nach, dass durch die Mumifizierung Tumorgewebe bestens erhalten bleibt.

"Es gab zwar auch früher alte Menschen, doch deutlich weniger, was Krebs sehr wohl auch seltener machte. Zudem dürften Mumifizierungen und Dokumentationen von Krankheiten auf eine kleine Gruppe beschränkt gewesen sein", entgegnet Heinrich Kovar, wissenschaftlicher Direktor der St. Anna Kinderkrebsforschung. Dass Krebs in Zusammenhang zu Umwelteinflüssen steht, kann er aber auch bestätigen. "Bei vielen Karzinomen erkranken Grenzgewebe zur Umwelt. Das ist etwa die Darmschleimhaut, die mit der Nahrung in Berührung kommt, die Lungenvesikel, auf die etwa Zigarettenrauch trifft, oder die Haut." Häufen sich über lange Zeiträume Mutationen an, die von diesen Einflüssen ausgelöst werden, steigt das Risiko, im Alter an Krebs zu erkranken. "Die heutige verschmutzte Stadtluft oder landwirtschaftliche Pestizide gab es früher nicht. Dennoch isst man schon lange geräuchertes Fleisch", gibt der Krebsforscher zu bedenken.

Gegenüber dem Argument zu seinem Hauptfach Kinderkrebs ist der Wiener Mediziner besonders skeptisch. "Einerseits sind Tumore bei Kindern hundertmal seltener als bei Erwachsenen, weshalb der statistische Hinweis auf das Altertum wenig Aussage liefert. Zudem änderte sich ihr Vorkommen im Zeitalter der modernen Medizin kaum - im Gegensatz zu jenem bei Erwachsenen." Krebs bei Kindern geht vor allem auf Mutationen der Erbmasse zurück, wofür die spontane Mutationshäufigkeit den Ausschlag gibt. "Krebs ist bei Kindern ein Lotteriespiel, während bei Erwachsenen Umwelteinflüsse das Risiko erhöhen", so Kovar.

Quelle: pressetext/pte

Mumie in Bogota
Wohl nicht an Krebs gestorben: Mumie im kolumbianischen Nationalmuseum in Bogota. Foto: Martin St-Amant / CC-BY-SA