Seit sechs Wochen untersuchte ein Grabungsteam der Abteilung Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie der Universität Münster das etwa 5.000 Jahre alte Großsteingrab. In Kooperation mit der LWL-Altertumskommission für Westfalen, der Stadt Büren und dem Kreismuseum Wewelsburg suchten die Archäologen nach den letzten Zeugen der Grabanlage, die obertägig nicht mehr sichtbar ist. Heute gingen die Ausgrabungen zu Ende.
»Wir haben herausgefunden, dass die Anlage unterirdisch doch noch in einem sehr guten Zustand ist«, freute sich Dr. Sven Spiong von der LWL-Archäologie für Westfalen. »Die Grabungsergebnisse ermöglichen uns eine recht genaue Rekonstruktion des ursprünglichen Aufbaus.« Der freigelegte Bereich zeigt ein gut zwei Meter breites Gemeinschaftsgrab. Die Wände des Grabes bestanden ursprünglich aus großen Steinen, die aber im Laufe der Jahre abgetragen wurden. Vor Ort entdeckten die Archäologen noch einen umgestürzten, etwa einen Meter langen Findling. Die Wandbereiche zwischen den Findlingen waren ausgemauert. Davon zeugt noch eine Vielzahl kleinerer Kalksteine. Darüber hinaus entdeckten die Forscher noch Reste der plattenartigen Decksteine aus gleichem Material.
Zwischen den Steinen stießen die Archäologen auf die Knochen der Verstorbenen. Ein Schädel und mehrere Langknochen konnten bereits geborgen werden.
Die guten Erhaltungsbedingungen der menschlichen Knochen bieten eine Basis für anthropologische Forschungen. »Die moderne Archäologie setzt auf unterschiedliche naturwissenschaftlichen Methoden wie Kohlenstoffanalysen, Isotopenuntersuchungen und DNA-Proben«, erläutert Dr. Vera Brieske von der Altertumskommission für Westfalen.
»So können wir nicht nur den Nutzungszeitraum des Grabes enger eingrenzen, sondern erhalten auch Hinweise auf die Herkunft und die Ernährungsgrundlagen der hier bestatteten Menschen.«
In der aktuellen Kampagne legten die Forscher nur einen Teil des Grabes frei. Die genaue Länge der Anlage ist daher zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. Vergleichbare Gräber, die Wissenschaftler als Megalithgräber bezeichnen, haben Längen von 10 bis 27 Metern. »Unser Hauptziel war es, herauszufinden, ob der anfangs entdeckte Findling tatsächlich Teil eines Megalithgrabes ist«, erklärte Grabungsleiter Leo Klinke von der Universität Münster. »Wir sind sehr zufrieden, dass unsere Arbeit solche wissenschaftlich bedeutenden Ergebnisse zutage gefördert hat. Wir danken dem Landwirt Roland Schulte und dem Grundstücksbesitzer Johannes Josef Fromme, dass sie uns diese Grabung auf ihrem Grundstück ermöglichen.«
Schon seit 1985 vermuten Archäologen an dieser Stelle ein Großsteingrab. Damals entdeckte der Landwirt beim Pflügen einen großen Findling und meldete ihn der Denkmalbehörde. Beim Anheben des Findlings wurden unter diesem Stein menschliche Knochen entdeckt. Im vergangenen Jahr trat ein weiterer Findling zutage: In dessen unmittelbarer Nähe tauchten wiederum menschliche Knochen und ein Abschlag aus Feuerstein auf, der bei der Herstellung von Steinwerkzeugen entsteht. Da in dieser Höhenlage keine Findlinge natürlich vorkommen, war klar, dass er einst von Menschenhand mühsam dorthin transportiert werden musste.
Die Funde in Wewelsburg weisen auf eine besondere steinzeitliche Bestattung hin: In der Zeit von 3.500 bis 2.800 vor Christus errichteten die Menschen in Mittel und Nordeuropa Anlagen aus großen Steinen, die sogenannten Megalithgräber, in denen kleinere Gemeinschaften über mehrere Generationen ihre Toten bestatteten. In diesem Abschnitt der Jungsteinzeit, dem sogenannten Jungneolithikum benutzten die Menschen erstmals tierische Zugkraft. Ein ähnliches Grab bei Warburg zeigt kunstvolle Einritzungen von Ochsengespannen. Möglicherweise wurde deren Hilfe auch bei der Errichtung der Großsteingräber benötigt.