20.0000 Jahre alte Hütten in Jordanien entdeckt

Dass die sesshafte Lebensweise, bzw. der Beginn größerer dörflicher Strukturen im Vorderen Orient nicht erst mit dem Beginn des Ackerbaues einsetzt, wird in der Forschung schon länger nicht mehr bezweifelt. Die Forschungsergebnisse eines internationalen Archäologenteams am Fundort Kharaneh IV in Jordanien scheinen den Anfang dieser Entwicklung allerdings nochmals um 10.000 Jahre zu verschieben.

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Karte des Azraq Beckens mit der Fundstelle Kharaneh IV und weiteren epipaläolithischen Fundstellen der Region (Bild: CC BY PLoS ONE)

Mit einem Alter von fast 20.000 Jahren zählen die Hüttenstrukturen, die das Archäologenteam in der jordanischen Wüste freigelegt hat, zum frühen Epipaläolithikum des Vorderen Orients. Mit Epipaläolithikum bezeichnet man vor allem für die Regionen des Vorderen Orient eine mehrere tausend Jahre dauernde Übergangszeit vom Paläolthikum zum Neolithikum. In dieser Zeitspanne entstehen in den Jäger&Sammler lebenden Gesellschaften bereits einige Elemente wie Sesshaftigkeit oder dörfliche Strukturen, die auch als Definitionen für die anschließende Epoche des Neolithikums dienen.

Für das späte Epipaläolithikum sind mittlerweile Steinhäuser, komplexe Siedlungsstrukturen, Sesshaftigkeit und eine aus all diesen Punkten abgeleitete komplex organisierte Gesellschaftstruktur gut belegt. Diese Epoche wird somit als der eigentliche »Startpunkt« der Ackerbaugesellschaften angesehen. Aus dem frühen und mittleren Paläolithikum sind bisher nur wenige Fundstellen bekannt, die eher als saisonale Zeltplätze kleiner Jäger&Sammler-Gruppen gelten.

Die Ausgrabungen in Khareneh IV, 70 Kilometer östlich von Amman im Azraq Becken gelegen, ermöglichen nun einen detaillierten Blick auf diese Zeit. Das insgesamt 21.000 m2 große Gelände lieferte schon zahlreiche Funde und Depots aus verschiedenen Phasen des Epipaläolithkums, wie größere Komplexe aus Stein- und Knochenwerkzeugen, rotem Ocker und marinen Muschelperlen.

Die zwei »neuen« Hütten aus Kharaneh IV sind nicht die einzigen Nachweise für Siedlungstrukturen, aber die bisher eindeutigsten. Da eine der Hütten abbrannte, haben sich die Pfostenlöcher der Wände hervorragend erhalten. Die aus Zweigen und Ästen bestehenden Hütten waren von von einem zwei auf drei Meter messenden ovalen Graben umgeben. Im Inneren fanden die Archäologen eine größere Ansammlung von Gazellenhorn, Ockerklumpen und mehrere hundert durchbohrte Muschelschalen, die offenbar rituell deponiert wurden. Die Muscheln stammen nicht nur aus dem Mittelmeer, sondern auch aus dem knapp 250 Kilometer entfernten Roten Meer.

Die seit den 1980er Jahren laufenden Ausgrabungen in Khareneh liefern ein recht detailliertes Besiedlungsbild des frühen und mittleren Epipaläolithikums: das Areal wurde während dieser Zeit regelmäßig saisonal von einer großen Gruppe besiedelt und für rituelle Zwecke genutzt. Die Ergebnisse der Ausgrabungen von Kharaneh und von anderen gleichzeitigen Fundstellen wie Ohalo II am See Genezareth deuten immer stärker darauf hin, dass der Beginn von - zumindest saisonaler - Sesshaftigkeit und »dörflichen Strukturen« deutlich früher zu suchen ist als bisher allgemein angenommen.

Die zwei Hüttengrundrisse und die im Inneren gefundenen Fundensemble (A) verbranntes Horn von Gazellen und Auerochsen, (B) drei Ocker- und Muschelschalendepots, (C) Rinderwirbel und Steinfragmente aus dem Graben. Bild: CC BY PloS ONE