Bochum: Ein Wohngebiet mit langer Geschichte

LWL-Archäologen entdecken jungsteinzeitliche Siedlungsspuren in Bochum-Laer

Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) sind in einem geplanten Baugebiet in Bochum-Laer auf Spuren aus der Jungsteinzeit und Eisenzeit gestoßen. Keramikscherben und Steinwerkzeuge belegen, dass der Ort schon vor über 6.000 Jahren ein beliebter Siedlungsplatz war.

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Neolithische Funde aus Bochum-Laer
Funde aus der jungsteinzeitlichen Abfallgrube: Neben einer Klinge aus regionalem, Nordischem Feuerstein (oben) ist vor allem der knapp 4 cm lange Bohrer aus südbelgischem Rullen-Feuerstein (rechts) von Interesse, belegt er doch die überregionalen Verbindungen vor 6.500 Jahren. Foto: LWL/M. Baales

Die angesetzte Voruntersuchung der Archäologen brachte zunächst keine Funde zu Tage. Erst kurz vor Abschluss dieser Arbeiten kam eine größere Grube zum Vorschein, die sich aus Sicht der Forscher als »Schatzkammer« entpuppte. Sie enthielt gut erhaltene, feine Keramikscherben, viele davon trugen Verzierungen in Form von tiefen Einschnitten. Solche Verzierungen sind typisch für die Menschen, die um 4600 v. Chr. in Mitteleuropa lebten und von Archäologen als »Rössener Kultur« bezeichnet werden.

Neben den Scherben wurden auch aus Stein gearbeitete Werkzeuge geborgen. Das Besondere: Als Rohmaterial diente nicht nur heimischer Feuerstein, sondern auch exotisches Material. Ein Bohrer ist aus sogenanntem Rullen-Feuerstein geschlagen, der im Süden Belgiens zu finden ist. Das oft gelbliche Material wurde während der Rössener Kultur gerne genutzt, die Menschen in der mittleren Jungsteinzeit hatten also weitreichende Austauschbeziehungen.

Nach diesen Funden vermuteten die Archäologen weitere Siedlungsspuren im Umfeld. Bei der Erweiterung der Grabungsfläche kamen tatsächlich weitere Gruben aus der Jungsteinzeit zu Tage, die aber nicht mehr so zahlreiche Funde enthielten.

Eine Überraschung erlebten die Archäologen, als sie auf eine Ansammlung kleinerer Gruben stießen. Sie enthielten Keramikscherben, die aus der Zeit um 500 v. Chr. stammen, also um mehrere Tausend Jahre jünger datieren. In der Archäologie wird diese Epoche als Vorrömische Eisenzeit bezeichnet. Einige Gruben waren Pfostenlöcher: Hier stand einst ein großer Speicherbau oder ein kleines Wohngebäude.

»Es ist ganz typisch, dass die urgeschichtlichen Menschen gute Siedlungslagen immer wieder aufgesucht haben«, so Prof. Dr. Michael Baales, Leiter der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen. »Dieses Beispiel verdeutlicht eindrücklich, wie wichtig es ist, derartige Stellen vor dem Beginn von Bauarbeiten zu untersuchen, auch wenn an der Oberfläche noch keine Funde wie Scherben oder Steingeräte aufgetaucht sind. Nur so können Spuren einer mehrtausendjährigen Besiedlungsgeschichte vor der unwiederbringlichen Zerstörung gesichert werden«, so Baales weiter.

Vor allem anlässlich der regen Bautätigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg sind auf den fruchtbaren Böden der westlichen Hellwegzone zahlreiche archäologisch bedeutende Fundstellen entdeckt worden. Zudem deutete die Lage des geplanten Baugebietes auf einer Kuppe in der Nähe eines früher hier fließenden Gewässers auf eine günstige Siedlungslage hin. Günstige Siedlungslage und bekannte Siedlungsstellen in vergleichbarer Lage sind Kriterien für »vermutete Bodendenkmäler«, wie sie seit 2013 in neugefassten Denkmalschutzgesetz in NRW festgeschrieben sind.

Um dieser Vermutung nachzugehen und einen Bebauungsplan zu erstellen, beauftragte die Bochumer VBW Bauen und Wohnen GmbH in Absprache mit der Stadt Bochum und dem LWL im Juli eine Fachfirma. Mit gezielten Suchschnitten konnte der Platz auf seine Vergangenheit untersucht werden.