Ausgrabungen in Ba‘ja werden fortgesetzt

Neues Forschungsprojekt: "Hausgemeinschaften" von Lebenden und Toten in der Jungsteinzeit

Jungsteinzeitliche Haushalte und Begräbniskultur am Fundort Ba‘ja im Süden des heutigen Jordaniens sind das Thema eines neuen Forschungsprojekts am Institut für Vorderasiatische Archäologie der Freien Universität. In Ba‘ja wurden die Toten der damaligen Kultur nicht außerhalb von Wohngebieten bestattet, sondern mit Beigaben unter ihren Häusern oder in Hausruinen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gehen davon aus, dass Tote auf diese Weise in gewandelter Form Angehörige des Haushalts und Teil des Alltags geblieben seien.

Die neolithische Siedlung Ba'ja in Jordanien liegt etwa 14 km nördlich von Petra
Die neolithische Siedlung Ba'ja in Jordanien liegt etwa 14 km nördlich von Petra (Ana al'ain, Ba'ja 06, CC BY-SA 3.0 )

Der in der Jungsteinzeit von 7500 bis 7000 v. Chr. besiedelte Ort Ba‘ja liegt im Süden des heutigen Jordaniens und wird bereits seit 1997 erforscht. "Lebende und Tote bildeten dort eine Art Hausgemeinschaft", sagt Dr. Hans Georg K. Gebel vom Institut für Vorderasiatische Archäologie der Freien Universität Berlin. "In den meisten geschichtlichen Perioden wurden die Toten an zentralen Plätzen außerhalb von Wohngebieten bestattet, die nur Orte der Erinnerung waren. Die Toten der Kultur von Ba‘ja wurden jedoch von den Nachlebenden mit Beigaben unter dem Fußboden ihrer Häuser und in Ruinen beigesetzt."

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Projekts gehen davon aus, dass die sozialen Beziehungen sich über den Tod fortgesetzt hätten und die Toten grundlegender Bestandteil der Wertewelten und Identitäten der Lebenden gewesen seien. Womöglich hätten die Verstorbenen auch als Medien der Kontrolle und des Banns eines allgegenwärtigen Außerweltlichen gedient.

Die materielle Kultur habe gezeigt, dass nicht nur Tote bestattet wurden. "Auch Haushalte in Form ihrer Gegenstände wurden regelrecht in den Räumen der Häuser oder in Hausruinen 'beerdigt'. Solche formalen Außerwertsetzungen oder Umwertungen des Vergangenen – bei gleichzeitigem Erhalt von ursprünglicher Nähe und Umgebung – sind ein zentrales Thema des Projekts", erläutert Dr. Christoph Purschwitz, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Projektes. Im Rahmen des Forschungsprojekts werden im Juni 2018 die Grabungen in Ba‘ja fortsetzt.

Dr. Hans Georg K. Gebel, Dr. Marion Benz und Dr. Christoph Purschwitz vom Institut für Vorderasiatische Archäologie der Freien Universität Berlin leiten gemeinsam die weiteren Grabungen und koordinieren die Arbeit von bis zu 20 beteiligten Fachleuten. Prof. Dr. Dominik Bonatz, Direktor des Instituts, begleitet das Projekt. Es ist aus Feldarbeiten der wissenschaftlichen Vereinigung "ex oriente – Produktion, Subsistenz und Umwelt im frühen Vorderasien", Berlin, unter Leitung von Dr. Hans Georg K. Gebel vom Institut für Vorderasiatische Archäologie der Freien Universität Berlin hervorgegangen. Das neue Projekt wird der Deutschen Forschungsgemeinschaft für eine Dauer von drei Jahren und von "ex oriente", Berlin, gefördert.

Von der Erforschung der kognitiven Wesensart der frühneolithischen Dorfbewohner von Ba‘ja erhoffen sich die Forscherinnen und Forscher auch Erkenntnisse über Menschen der Gegenwart: Mit der Sesshaftigkeit, dem Beginn von Nahrungs- und Güterproduktion, der sich anbahnenden Kontrolle der Natur und den sich herausbildenden komplexen Ritual- und Symbolwelten entstanden vor mehr als 9000 Jahren im Nahen Osten die Grundzüge eines sozialen und wirtschaftenden Menschentyps, ohne den heutige Lebensweisen nicht existieren würden.

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