Vom Herrscherkult der Ptolemäer

Historiker der Universitäten Leipzig und Halle untersuchen in einem gerade gestarteten neuen Forschungsprojekt den Herrscherkult im Reich der Ptolemäer in der Zeit zwischen den Jahren 323 bis 30 vor Christus. In den kommenden drei Jahren analysieren Prof. Dr. Reinhold Scholl von der Universität Leipzig und Prof. Dr. Stefan Pfeiffer von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg vor allem schriftliche Quellen in griechischer Sprache, die in der Mehrzahl digital vorliegen.

Das Forschungsvorhaben "Herrscherrepräsentation und Herrscherkult in den außerägyptischen Besitzungen und Einflussgebieten der Ptolemäer (323 bis 30 v. Chr.)" verbindet die Klassische Archäologie mit Alter Geschichte. Ziel ist es, die schriftlichen und nichtschriftlichen Zeugnisse für Herrscherrepräsentation und Herrscherkult in diesen außerägyptischen Gebieten zu untersuchen. "Es geht uns vor allem um antike Geschichtsschreiber, Ehren- und Weih-Inschriften für die Herrscher und Beamten, königliche Korrespondenz, die in Stein veröffentlicht wurde, um Altäre, Statuen und deren Basen, Münzen und Papyri sowie erhaltene und literarisch beschriebene Bauten wie Ratshäuser, Tempel oder Garnisonen", beschreibt Althistoriker Scholl die zu untersuchenden Quellen. Die älteste ist ein Altar mit einer inschriftlichen Weihung an den Dynastiegründer, König Ptolemaios I. Soter (Königstitel von 305 bis 283 v. Chr.) auf der Insel Zypern. Die Erwähnung des Königstitels gibt den Forschern einen Anhaltspunkt für die Datierung. "Wir finden die Texte, indem wir die antiken Korpora der literarischen Texte, Inschriften und Papyri nach bestimmten Schlüsselbegriffen durchsuchen, die wir in Vorarbeiten erstellt haben. Hier ist die klassische Altertumswissenschaft im Vergleich zu anderen Fachrichtungen im Vorteil, weil fast alle bekannten Texte digital vorliegen", ergänzt Scholl.

Das Reich der Ptolemäer in der Nachfolge Alexanders des Großen umfasste räumlich nicht nur das pharaonische Ägypten, sondern auch die angrenzenden Landstriche und Überseegebiete in Nordafrika, in der Levante, Kleinasien und in der Ägäis. Es erstreckte sich zeitlich über drei Jahrhunderte bis hin zur Epoche der berühmten Kleopatra. "In einem multiethnischen, multikulturellen und multilingualen Herrschaftsgebilde wie dem Reich der Ptolemäer spielen Akzeptanz und Legitimation einer 'Fremdherrschaft' eine wichtige Rolle. Dies ist gerade vor dem Hintergrund der Einbettung in die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage der damals bekannten und bewohnten Erde von großer Bedeutung", erklärt Althistoriker Prof. Dr. Pfeiffer. Die Forscher wollen die Kommunikationsprozesse der verschiedenen Akteure erfassen und gleichzeitig in Erfahrung bringen, ob, was und wie sie etwas für die Legitimation und Sicherung der Beziehungen beitragen konnten. Dabei nimmt das Leipziger Teilprojekt die schriftliche, das hallesche die nichtschriftliche und numismatische Überlieferung in den Blick.

Gleichzeitig gehen die Projektbeteiligten der Frage nach, inwiefern diese Mittel einerseits als Instrumente der Legitimation und Sicherung durch die Herrscher selbst sowie andererseits als Zeichen der Akzeptanz der Herrschaft der Ptolemäer durch die Untertanen eingesetzt wurden. Sie wollen ebenso herausfinden, ob und wie auch die Beherrschten selbst, vergleichbar mit den ägyptischen Priestern, ein Herrscherideal formulierten.

Das Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 600.000 Euro gefördert.

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