Neues Archäologiemuseum in Äthiopien eröffnet

Das neu eröffnete Museum in der Kreisstadt Wuqro des äthiopischen Bundesstaates Tigray präsentiert bedeutende Funde äthiopisch-deutscher Ausgrabungen.

Die Archäologie Äthiopiens ist noch sehr jung und deshalb ist das Land noch nicht sehr reich an archäologischen Museen. Umso mehr war die feierliche Eröffnung eines neuen Museums in der Kreisstadt Wuqro des Bundesstaates Tigray am Sonntag, dem 18. Oktober 2015, ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg der Erforschung der frühen äthiopischen Geschichte und ihrer Vermittlung an die interessierte Öffentlichkeit.

Eröffnung des Museums von Wuqro
Der Libationsaltar des Almaqah-Tempels von Meqaber Ga'ewa ausgestellt im neuen Museum von Wuqro. Foto: P. Wolf © DAI Orient-Abteilung

Das in den vergangenen zwei Jahren von der Kultur- und Tourismusverwaltung Tigrays (TCTB), der Berliner Gesellschaft zur Förderung von Museen in Äthiopien e.V. (GFMÄ) und der Stadtverwaltung von Wuqro erbaute Museum stellt herausragende Funde der jüngsten Ausgrabungen internationaler archäologischer Missionen im Nordosten des Bundesstaates aus. Kernstücke und Glanzlichter der Ausstellung sind die Funde äthiopischer und deutscher Archäologen in einem der ältesten Baudenkmäler Äthiopiens, einem Heiligtum des sabäischen Mondgottes Almaqah aus dem 8.-6. Jh. vor Chr. in Meqaber Ga'ewa unweit von Wuqro. Es handelt sich dabei um das vor fast 3.000 Jahren von altsüdarabischen Steinmetzmeistern in exzellenter künstlerischer und handwerklicher Qualität hergestellte Kultinventar des Tempels: ein Libationsaltar, dessen perfekter Erhaltungszustand einmalig auf beiden Seiten des Roten Meeres ist, Weihräucheraltäre und die sitzend dargestellte Votivstatue einer Frau – ein Parallelstück zu der berühmten, heute im Nationalmuseum in Addis Abeba aufbewahrten Skulptur aus Adi Galamo. Diese aus lokalem Kalkstein hergestellten Kultobjekte und kleinere Votivgaben wie menschen- und tiergestaltige Figurinen und Miniaturkeramiken beleuchten die sakrale Welt und das religiöse Alltagsleben im Tigray der äthio-sabäischen Periode in der ersten Hälfte des letzten Jahrtausends vor Chr. Daneben belegen sie den großen Einfluss des sabäischen Reiches und seiner Religion auf die kulturelle Entwicklung des tigräischen Hochlandes, während die historisch bedeutende königliche Weihinschrift des Altars und der vor allem in regionaler Tradition stehende Keramikkorpus des Fundortes die afrikanischen Wurzeln der Kultur des damaligen Reiches von Damat veranschaulichen.

Die im Jahre 2007 bei einer Notgrabung der TCTB gefundenen Kultobjekte führten zu der Entdeckung und archäologischen Dokumentation des Almaqah-Heiligtums durch gemeinsame Ausgrabungen der Orient Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts, der tigräischen Kultur- und Tourismusverwaltung und des Lehrstuhls für Semitische Philologie und Islamwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Parallel zu diesen Feldarbeiten wurde der Fundort mit Fördermitteln des Auswärtigen Amtes und der deutschen Botschaft in Addis Abeba konservatorisch erhalten und zu einem Open Air Museum gestaltet. Beispielsweise erhielt der Tempelbezirk ein 20 x 25 Meter messendes Schutzdach, welches den gesamten heiligen Bezirk in fünf Metern Höhe frei überspannt, und sein kulturhistorisch wertvolles Inventar wurde von Mitarbeitern der Berliner Firma „Restaurierung am Oberbaum» konserviert und vor Ort durch hochqualitative Repliken ersetzt, während die Originale nun in dem neu eröffneten Museum von Wuqro der Öffentlichkeit präsentiert werden können.
Die Ausstellungskonzeption des Museums wurde von Professoren und Studenten der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) erarbeitet und in Zusammenarbeit mit der GFMÄ umgesetzt. Neben der archäologischen Ausstellung, die das hohe Niveau von Bild- und Baukunst, Töpferei, Metall- sowie Glasverarbeitung der antiken Kulturen des tigräischen Hochlandes beleuchtet, gehört dazu eine technische Abteilung, in der das ehemalige Elektrizitätswerk der Stadtverwaltung zur Besichtigung steht. Sein beeindruckender Generator wurde im Bürgerkrieg der 80er Jahre zerstört und nun im Rahmen eines Projektes von Studenten der HTW restauriert. Das „Generatorhaus« wurde zu einem Konferenzsaal für wissenschaftliche Kolloquien und öffentliche Vorträge umgestaltet. Daneben beherbergt der Museumsbau ein großzügiges Fundmagazin und ein Atelier für die Untersuchung und Konservierung archäologischer Funde. Damit bietet das Museum auch die räumliche Ausstattung für archäologische Studien und die Ausbildung von Archäologen und Museumspersonal. Fachpublikum bewertete den Museumsbau als eines der ästhetisch und funktional bislang gelungensten Museen in Äthiopien und darüber hinaus.

An der feierlichen Eröffnung am vergangenen Sonntag nahmen der Präsident von Tigray, Abba Weldu Hagos, der äthiopische Staatsminister für Kultur und Tourismus, Mulugeta Seid Damtew, und der deutsche Botschafter in Äthiopien, Joachim Schmidt, sowie hochrangige Vertreter bedeutender kultureller Institutionen in Äthiopien teil. Die Eröffnung war gekoppelt mit einem internationalen Symposium zu den neuesten archäologischen Forschungen in Tigray.

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