Tibesti-Expedition zurück aus dem Tschad

Die von Dr. Stefan Kröpelin von der Forschungsstelle Afrika geleitete Expedition in das höchste Gebirge der Sahara, das Tibesti, ist zurück. Die aus sechs Wissenschaftlern bestehende Forschergruppe konnte während der vierwöchigen Forschungsarbeiten geologische Proben aus den Vulkankratern des Tarso Toussidé und des Emi Koussi sichern. Es gelang, mehrere Meter lange Schnitte aus Sedimentablagerungen zu beproben, anhand derer man die vergangenen Klimaepochen der Sahara bestimmen kann. Gleichzeitig wurden archäologische, botanische und zoologische Kartierungen mit interessanten ersten Ergebnissen durchgeführt.

Emi Koussi Vulkan
Der Gipfel des Vulkans Emi Koussi im Tibesti-Gebirge (Tschad), beobachtet von der Internationalen Raumstation

Die Erkundung wurde im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 806 »Our Way to Europe« durchgeführt, der die Umweltbedingungen während der Migration des Homo sapiens von Afrika nach Europa erforschen soll. Mit der Ersterkundung wurde die Basis für weitere Forschungen im Norden des Tschad gelegt. Gleichzeitig verfolgt Kröpelin damit seine Initiative, das Tibesti als drittes Welterbe des Tschad von der UNESCO anerkennen zu lassen. Für die Bewohner des abgelegenen und erst teilweise erforschten Gebietes von der dreifachen Größe der Schweiz bieten sich mit dem Besuch der deutschen Wissenschaftler neue Perspektiven des internationalen Kontakts.

»Wir schicken Sonden 500 Millionen Kilometer ins Weltall, um Gesteinsproben auf einem Kometen zu untersuchen, haben aber keinerlei Ahnung, wie die Ablagerungen auf dem höchsten Berg der Sahara beschaffen sind«, sagt Dr. Stefan Kröpelin von der Forschungsstelle Afrika der Universität zu Köln. Seit 30 Jahren war es der Wunsch des Geowissenschaftlers, dieses Gebiet zu erforschen. Doch die politischen Gegebenheiten und die schwierige Zugänglichkeit des Gebietes verhinderten bis jetzt eine Expedition. Nun war es im Rahmen des SFBs »Our Way to Europe« soweit. Von der Oase Bardai im Norden des vulkanischen Gebirges konnte die Expedition mit vier geländegängigen Fahrzeugen zum Trou au Natron fahren, einem fast 1000 Meter steil abfallenden Krater unterhalb des zweithöchsten Vulkans des Tibesti, dem Tarso Toussidé. Mit Hilfe einer Eselkarawane gelang der Transport von Proben von sogenannten Diatomiten, Ablagerungen von Kieselgur, der durch abgestorbene Kieselalgen erzeugt wurde. Nach einer langwierigen Weiterfahrt zur Südostspitze des Gebirges erklomm die Expedition in einem insgesamt 10 Tage langen Marsch mit 11 Lastkamelen den bis zu 3445 Meter hohen Schichtvulkan Emi Koussi und stieg in dessen 500 Meter tiefe Hauptcaldera und danach in den darin gelegenen 400 Meter tiefen Krater Era Kohor ab. Auch hier wurden Diatomite gefunden und Proben entnommen. »Das zeigt, dass es in beiden Kratern über längere Zeit Seen gegeben haben muss«, so Kröpelin. Durch das genau definierte Einzugsgebiet der Gewässer, die sich vermutlich zum Hauptteil aus Niederschlägen speisten, können nun Klimadaten gewonnen werden, die wertvolle Ergänzungen zum Gesamtbild der Klimaentwicklung der Sahara liefern sollen.

Anhand der Zusammensetzung der Kieselalgen, den eingeschlossenen Pollen und der chemischen Zusammensetzung können die Wissenschaftler Rückschlüsse auf die früheren klimatischen Bedingungen dieses zentralen Bereichs der Sahara ziehen. Die Wissenschaftler des SFB erhoffen sich dadurch ein genaueres Bild der Umwelt vor 130.000 Jahren als der Homo sapiens aus Afrika nach Europa wanderte. Archäologische Zeugnisse aus verschiedenen Epochen konnten bereits vor Ort identifiziert werden, darunter auch neue Felsbilder.

Die Expedition setzt eine Tradition deutscher Forschung in Nordafrika fort. Bereits im Jahr 1869 bereiste der Forschungsreisende Gustav Nachtigal als erster Europäer das Tibesti. Von 1964 bis Anfang der 1970er Jahre existierte eine Forschungsstation in Bardai, die allerdings wegen der politischen Wirren im Tschad geschlossen werden musste. Stefan Kröpelin möchte dieser Forschungsgeschichte ein weiteres Kapitel hinzufügen: »Die Region ist noch weitgehend unerforscht. Hier kann man noch Grundlagenforschung betreiben: in Geologie, Botanik, Zoologie und nicht zuletzt in der Archäologie.«

Neben den offenen Fragen, die den Wissenschaftler reizen, sind es auch ganz praktische Erwägungen, wegen denen Kröpelin für ein weiteres Engagement im Tibesti plädiert: »Der Tschad ist momentan das einzige Land der Region, in dem man noch Geländeforschung betreiben kann. Leider lassen das verschiedene politische Umstände im Sudan, in Ägypten, in Libyen und im Niger nicht mehr zu.«

Der deutsche Wissenschaftler ist dankbar, dass er von der Regierung in N’Djaména, den offiziellen Vertretern vor Ort und den Bewohnern des Tibesti vom Volk der Tubu bei seiner Arbeit tatkräftig unterstützt wurde. »Ohne das Vertrauen und die Hilfe der Einheimischen geht gar nichts.«

Kröpelin möchte die intensive Unterstützung auch dazu benutzen, um für die Aufnahme des Tibesti in Welterbeliste der UNESCO zu werben: »Das ist eine einmalige Gebirgslandschaft mitten im Nirgendwo, die geologisch und archäologisch von herausragender Bedeutung ist. Es ist auch die Heimat von seltenen Tierarten und Pflanzen. Das sollte weltweit gewürdigt werden«, so der Wüstenforscher.

An der Expedition waren folgende Wissenschaftler beteiligt:
Dr. Stefan Kröpelin, Geologe, Forschungsstelle Afrika, Universität zu Köln
Jan Kuper, Archäologe, Forschungsstelle Afrika, Universität zu Köln
Adam Polczyk, Dokumentation, Universität zu Köln
Peter Schönfeld, Archäologe
Dr. Frank Darius, Botaniker
Ahmed Saadallah, Zoologe, Universität Kairo

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