Seefahrt und maritimes Leben in der ägäischen Bronzezeit

Am 5. November eröffnete das Römisch-Germanische Zentralmuseum (RGZM) die Sonderausstellung »Inseln der Winde. Die maritime Kultur der bronzezeitlichen Ägäis«. Die Schau schildert das maritime Leben der ägäischen Inseln in der Bronzezeit (3. und 2. Jahrtausend v. Chr.) und beleuchtet dabei den Lebensraum der Bewohner, den Schiffbau und das logistische Umfeld der Schifffahrt. Sie basiert auf Ergebnissen eines gleichnamigen Forschungsprojektes der Universität Heidelberg und wird bis zum 8. Februar im Museum für Antike Schiffahrt des RGZM in Mainz zu sehen sein.

Modell eines spätbronzezeitlichen Thera-Schiffes. Foto: Hubert Vögele, Institut für Klassische Archäologie der Universität Heidelberg

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Rekonstruktionen und Modelle von Schiffen und Hafenanlagen der Minoer, einem bronzezeitlichen Volk, das nach dem mythischen Herrscher Minos auf der Insel Kreta benannt wurde. Hinzu kommt die Darstellung umfassender Untersuchungen der Seebedingungen in der Ägäischen Bronzezeit. Diese verdeutlichen das vielfältige Beziehungsgeflecht zwischen den Inselgesellschaften der Ägäis zwischen 2800 und 1500 v. Chr. und beleuchten die Hintergründe der erstaunlichen Entwicklung dieser ersten europäischen Hochkultur.

Die Dauerausstellung des Museums für Antike Schiffahrt wird durch »Inseln der Winde« in besonderer Weise bereichert. Denn sie gewährt Einblicke in die faszinierende Welt früher Seefahrt im östlichen Mittelmeerraum, die sich durch archäologische Funde und Befunde auch an Land erschließt: Handelskontakte bis ins Pharaonenreich, naturräumliche und navigatorische Bedingungen, küstennahe Siedlungen, Posten und Paläste, nicht zuletzt die auf Gegenständen und Fresken abgebildeten Wasserfahrzeuge der Kykladen-Kultur und der Minoer. Besuchern eröffnet sich so die einmalige Gelegenheit, sich noch umfassender über das Thema »Antike Schiffahrt« zu informieren.

Das hochentwickelte System minoischer Hafenanlagen wird an zwei Landschaftsmodellen dargestellt: Genügte den gepaddelten Kykladen-Schiffen des 3. Jahrtausends vor Chr. noch ein einfacher Landungsplatz am Strand, benötigten die Segelschiffe mit weitreichenden Handelskontakten komplexe Hafeneinrichtungen. Die Anlage von Hafenstätten und Hafenstädten erfolgte nach immer wiederkehrenden Mustern, die auf die Geografie und jahreszeitliche Wind- und Wetterverhältnisse Rücksicht nahmen.

Einzigartig sind die über einen Zeitraum von 1.600 Jahren entstandenen Darstellungen von Schiffen. In Ton geritzt, in Siegelsteine geschnitten und auf Wände gemalt wurde die komplette Entwicklungslinie des minoischen Schiffbaus überliefert. Anhand der Modellrekonstruktionen wird diese Entwicklung ägäischer Schiffe nachvollziehbar: von den Einbäumen der Kyklader bis zum besegelten Handelsschiff der minoischen Kreter mit Einrichtungen zur Verteidigung kostbarer Ladung.

»Der Charme der mit modernen Medien und etlichen Landschafts- und Bootsmodellen ausgestatteten Präsentation wird durch ungewöhnliches Design bestimmt«, sagte Dr. Ronald Bockius, Leiter des Forschungsbereichs »Antike Schiffahrt« am RGZM, anlässlich der Eröffnung. »Sie greift durch Material, Farbe und Formen bronzezeitliches Leben und Kunstschaffen dezent auf und macht die vermittelten Inhalte frei erlebbar, ohne den Besucher zu kanalisieren.«

Die Ausstellung wurde von der Universität Heidelberg in Zusammenarbeit mit dem Diplom-Designer Thomas Guttandin und dem Architekten Gerhard Plath konzipiert und war bereits 2010/2011 in Heidelberg zu sehen. Wer damals keine Gelegenheit zu einem Besuch hatte, kann dies noch bis einschließlich 8. Februar im Museum für Antike Schiffahrt in Mainz nachholen. Der Eintritt in die Sonderausstellung ist frei.

Die Hafenstadt Zakros. Modell: Gerhard Plath
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