Germanische Besiedlung in Unna früher als vermutet

Es waren nicht die Römer, denen die Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in einem Industriepark in Unna südlich der Bundesstraße 1 auf der Spur waren. Anders als öffentlich spekuliert haben die Untersuchungen keine Hinweise auf römische Vergangenheit an dieser Stelle erbracht. Überraschungen kamen dennoch in den Suchschnitten zutage: Einheimische Germanen hatten sich hier vor 2.000 Jahren niedergelassen, deutlich früher als ursprünglich vermutet.

Begehung auf dem Acker im Industriegebiet in Unna
Bereits im September konnten bei einer Begehung mit Studenten der Universität Münster Keramikfunde auf dem Acker im Industriegebiet in Unna aufgelesen werden, die eine ältere Nutzung des Geländes andeuteten. (Foto: LWL/Thomas Maas)

Denn im Vorfeld einer geplanten Überbauung dieser Restfläche des Industrieparks waren auf dem Acker Scherben entdeckt worden. Die Archäologen der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen hatten das Gelände routinemäßig untersucht, bevor die bautechnische Erschließung begann. Dabei sicherten sie die Keramik-Bruchstücke, die durch den Pflug an die Oberfläche gelangt waren. Die Funde stammten von mittelalterlichen Gefäßen und ließen die Fachleute vermuten, dass sich hier eventuell auf eine Hofstelle aus dem 9. bis 14. Jahrhundert gestoßen waren. Außerdem entdeckten sie noch wenige Feuersteinfunde, die auf eine Nutzung des Platzes in der Steinzeit deuteten. Deshalb wurde eine archäologische Fachfirma aus Bonn von der Wirtschaftsförderung des Kreises Unna beauftragt, mithilfe von vier Suchschnitten diesem Verdacht gezielt nachzugehen.

Gut eine Woche dauerten die Untersuchungen. Tatsächlich kamen im Boden zahlreiche Verfärbungen zutage, die auf menschliche Nutzung in der Vergangenheit hindeuteten. Dabei handelte es sich um Gruben, in denen beispielsweise Hauspfosten eingetieft, Vorräte gelagert oder Abfall entsorgt wurden. Auch ein mögliches Grab findet sich unter den dokumentierten Spuren der Vergangenheit - hier wurden die eingeäscherten Überreste eines Toten bestattet.

Mittlerweile sind die Gefäßfragmente unter den Fundstücken gewaschen. Eine erste Durchsicht brachte jetzt die Überraschung: Der Fundplatz ist, anders als von den Archäologen bislang vermutet, nicht in das Mittelalter einzuordnen, sondern bereits in die Jahrzehnte um die Zeitenwende. Um Christi Geburt lebten hier demnach offenbar einheimische Germanen und bestatteten vielleicht auch ihre Toten an Ort und Stelle. Funde aus dieser Zeit, in der die Römer großen Einfluss auf die Menschen und die Region nahmen, sind in diesem Raum äußerst selten. Bislang war lediglich eine Fundstelle nördlich von Lünern bekannt.

Die neu entdeckte und archäologisch wertvolle Fundstelle wird die Stadt Unna als Bodendenkmal in die Denkmalliste eintragen. Sollte das Areal in Zukunft weiter bebaut werden, wird der Fundplatz im Vorfeld erneut archäologisch untersucht.

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