Zur Geschichte der archäologischen Grabungen am Glauberg

Tagungsband eines internationalen Kolloquiums zur Forschungsgeschichte des Glaubergs erschienen

Buchpräsentation
Präsentierten den Tagungsband zur Forschungsgeschichte des Glaubergs: Prof. Dr. H.-J. Gehrke, Präsident des Deutschen Archäologischen Institutes a. D., Staatsministerin E. Kühne-Hörmann und Landesarchäologe Prof. Dr. E. Schallmayer. Foto B. Steinbring

Mit den Verflechtungen von Archäologie und Politik am Beispiel der Ausgrabungen der dreißiger und vierziger Jahre des 20. Jahrhunderts hatte sich im Herbst 2008 eine internationale Tagung der hessenArchäologie befasst. Die Ergebnisse sind jetzt auf mehr als 300 Seiten im ersten Band der „Glauberg-Forschungen" dokumentiert, den Staatsministerin Eva Kühne-Hörmann und der Landesarchäologe Prof. Dr. Egon Schallmayer am 16. Mai im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst in Wiesbaden vorgestellt haben.

„Die sorgfältige Betrachtung auch der Forschungsgeschichte ist geboten, weil der Glauberg heute zu den bedeutendsten archäologischen Stätten Europas gehört", sagte Ministerin Kühne-Hörmann. Das Land hat dort nicht nur für rund neun Millionen Euro ein Museum mit Archäologischem Park eingerichtet, sondern auch ein Forschungszentrum, das die weitere wissenschaftliche Beschäftigung mit der Eisenzeit in einem überregionalen Rahmen ermöglicht. Kühne-Hörmann wies darauf hin, dass die nun veröffentlichen Tagungsergebnisse, die den Glauberg betreffen, längst auch in die Präsentation im Keltenmuseum eingeflossen seien. „Die Landesarchäologie zeigt auf diese Weise, dass sie ihre Wissenschaft nicht im sprichwörtlichen Elfenbeinturm betreibt, sondern natürlich auch die politischen Aspekte ihrer Arbeit berücksichtigt", fügte Kühne-Hörmann hinzu.

Die »Keltenwelt am Glauberg« war zuletzt wegen der mutmaßlich rechtsextremen Gesinnung zweier Angestellter einer Sicherheitsfirma in die Schlagzeilen geraten, die mit dem Gebäudeschutz beauftragt war. Bei der Eröffnung war es zum Eklat gekommen, in dessen Folge die Museumsleiterin Katharina von Kurzynski auf einen anderen Posten versetzt und durch die stellvertretende Landesarchäologin Vera Rupp abgelöst wurde.

Die hessenARCHÄOLOGIE hatte im Oktober 2008 in Nidda-Bad Salzhausen das Kolloquium „Archäologie und Politik 75 Jahre Ausgrabungen auf dem Glauberg und ihr zeitgeschichtlicher Kontext" veranstaltet. Mehr als 100 Teilnehmer aus dem In- und Ausland diskutierten dabei über die Verflechtung von Archäologie und Politik während der Zeit des Nationalsozialismus. Anlass für die Tagung war der Beginn der großen wissenschaftlichen Untersuchungen auf dem Glauberg am Ostrand der Wetterau vor 75 Jahren, die seinerzeit vor dem Hintergrund der von den Nationalsozialisten gleichgeschalteten Gesellschaft und der ideologischen Einflussnahme des NS-Staates auch auf die archäologische Wissenschaft stattfanden. In 15 Vorträgen stellten die Referenten ausgewählte archäologische Fundstellen und Ausgrabungen vor, die in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts untersucht worden waren. Ziel war es, die damals angestellten Interpretationen der Funde in ihrem ideologischen und forschungsgeschichtlichen Umfeld zu analysieren und mit heutigen Deutungen zu vergleichen.

Die frühen Forschungen am Glauberg boten nicht nur den Anlass, sondern stellten auch inhaltlich den geeigneten Ausgangspunkt für die Tagung dar, fanden doch die ersten systematischen großflächig durchgeführten Ausgrabungen dort zwischen 1933 und 1939 statt. Die Untersuchungen standen zunächst auch unter der besonderen Protektion des NS-Gauleiters Jakob Sprenger. Sie stießen gleichzeitig aber auch auf großes Interesse der Fachwelt. Den Stellenwert dieser Grabungen im Kontext anderer bedeutender Ausgrabungsprojekte jener Jahre zu beurteilen sowie deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten, war eines der Ziele des Bad Salzhausener Kolloquiums.

Prof. Dr. Hans-Joachim Gehrke, Präsident des Deutschen Archäologischen Instituts a. D., hob bei der Präsentation des Buchs hervor, dass die beteiligten Wissenschaftler bei der Wiederaufnahme der Grabungen in den neunziger Jahren und bei den Planungen für die „Keltenwelt am Glauberg" natürlich unmittelbar auf die Problematik der vorangegangen Grabungen gestoßen seien. „Sie haben das nicht verdrängt, sondern sogleich thematisiert. Ohne auf eine Medienhype zu warten, machten sie ihre Arbeit", sagte Prof. Gehrke.

Der Tagungsband ist als Beiheft 7 der „Fundberichte aus Hessen" erschienen und als erster Band der Glauberg-Forschungen. „Damit hat die hessenARCHÄOLOGIE innerhalb ihrer Publikationsreihen mit den Glauberg-Studien und Glauberg-Forschungen nun zwei hervorragende Publikationsorgane für die Keltenwelt am Glauberg, die weiter mit entsprechenden Forschungsthemen gefüllt werden", kündigte Prof. Schallmayer an.

Schallmayer betonte, er sei dankbar, dass dieses Buch im Sinne der von der hessischen Landesregierung getragenen hessenARCHÄOLOGIE, auf der Grundlage neuester Forschungen erarbeitet und in einem hervorragenden Kolloquium diskutiert, nunmehr der Öffentlichkeit präsentiert werden könne. Mit der Buchvorstellung in den Räumen des Ministeriums werde die zeitgeschichtliche Bedeutung seiner Inhalte der Gesellschaft gegenüber in einem besonderen Maße herausgestellt.

 

Tagungsband

„Archäologie und Politik. Archäologische Ausgrabungen der 30er und 40er Jahre des 20. Jahrhunderts im zeitgeschichtlichen Kontext"
Internationale Tagung anlässlich „75 Jahre Ausgrabungen am Glauberg" vom 16. bis 17. Oktober 2008 in Nidda-Bad Salzhausen.
Herausgegeben von Egon Schallmayer, in Zusammenarbeit mit Katharina von Kurzynski.
Fundberichte aus Hessen Beiheft 7 = Glauberg-Forschungen 1 (Wiesbaden 2011)
330 Seiten, 179 Abb. ISBN 978-3-7749-3603. 48,- Euro
Das Buch kann (zzgl. Versandkosten) unter archaeologie.wiesbaden(at)denkmalpflege-hessen.de bestellt werden.

 

 

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