Der älteste Schuh in Herne

Ausstellung zeigt Anfänge der Schuhe

Wann der Mensch den ersten Schuh erfand und wie er ihn in Jahrtausenden bis zum heutigen Designerschuh weiterentwickelte, erzählt die internationale Ausstellung "Schuhtick - Von kalten Füßen und heißen Sohlen". Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) präsentiert die Schau über die Kulturgeschichte des Schuhs mit über 400 Exponaten vom 6. Dezember 2008 bis 5. Juli 2009 im LWL-Museum für Archäologie in Herne. Anschließend geht die Ausstellung nach Bremen und Mannheim.

Ältestes Exponat: Die Bastsandale aus Sipplingen
Ältestes Exponat: Die Bastsandale aus Sipplingen ist naturwissenschaftlich zwischen 2917 und 2856 v.Chr. datiert - ob ein Mann oder eine Frau sie getragen hat ist unbekannt. (Foto: Regierungspräsidium Stuttgart, Landesamt für Denkmalpflege)

Die Bandbreite reicht in der Ausstellung von den Fellstiefeln der Eiszeitjäger bis zu den Notschuhen der Nachkriegszeit, von der ältesten Sandale Europas über die Fußballsschuhe von Jürgen Klinsmann bis zu Spezialanfertigungen für Spione, von den Lotosschuhen des Alten Chinas bis zu den eleganten Pumps Marlene Dietrichs. Auf 800 Quadratmetern Ausstellungsfläche zeichnet "Schuhtick" die spannende und wechselvolle Entwicklung des Schuhs nach - und spannt dabei den Bogen über 40.000 Jahre Menschheitsgeschichte und sämtliche Kontinente. Hier ein Beispiel:

Weit entfernt von den modischen Finessen und Stilblüten späterer Jahrhunderte präsentiert sich das älteste Exponat der Ausstellung: die annähernd 4.900 Jahre alte Sandale aus Süddeutschland, die auch gleichzeitig der älteste europäische Schuh ist, der in Wechselausstellungen gezeigt werden kann.

Gefunden wurde er im Schlick des Bodensees - dort, wo sich einst die Seeufersiedlung Sipplingen befunden hatte. Vor etwa 5.000 Jahren lebten am Bodensee und an den Ufern anderer großer Gewässer in Alpennähe Menschen in Pfahlbau- und Feuchtbodensiedlungen. Sie waren frühe Bauern, die sich von Ackerbau, Viehzucht und Fischfang ernährten. Schuhe waren für diese Menschen vornehmlich eins: Überlebenshilfe. Sie boten Schutz vor Nässe, Kälte und Verletzungen und gaben ihnen die Möglichkeit, sich auch in sumpfigen und unwegsamen Geländen fortzubewegen.

Die Sipplinger Sandale muss einem frühen Bauern gehört haben. Ob sie von einem Mann oder einer Frau getragen wurde, lässt sich nicht feststellen. In der Jungsteinzeit wurde weder zwischen typischen Männer- und Frauenmodellen, noch zwischen rechten und linken Schuhen unterschieden.

Trotzdem erzählt der Schuh einiges über das Leben der damaligen Menschen. Er dokumentiert ihr handwerkliches Geschick und ihren Erfindungsreichtum: Die Sipplinger Sandale wurde in einer aufwendigen, mehrwöchigen Prozedur aus der Rinde und dem Bast von Lindenbäumen gefertigt. In den Feuchtgebieten des Bodensees haben sich solche organischen Materialien sehr gut erhalten. So lässt sich mit naturwissenschaftlichen Methoden exakt bestimmen, dass der Schuh in den Jahren zwischen 2.917 und 2.856 vor Chr. angefertigt wurde.

Treibende Kraft für den Wunsch des Menschen nach einem Fußschutz waren wohl die hohen Belastungen, die der aufrechte Gang mit sich bringt. Bei der Fortbewegung auf zwei Beinen liegt das gesamte Körpergewicht auf einem Ballen. Gleichzeitig federt der Fuß Erschütterungen ab und gleicht Bodenunebenheiten aus. Anders als viele Tiere hat der Mensch im Laufe der Evolution keinen natürlichen Fußschutz entwickelt, der ihn nur einer, ganz spezifischen Lebensumwelt anpassen würde. Der Mensch bewegt sich in allen Lebensräumen der Erde fort, muss darum aber für den jeweils angemessenen Fußschutz selber sorgen. Für den Gang durch Eis und Schnee etwa braucht er hohe Stiefel mit rutschfesten Sohlen. Sandalen mit breiter Sohle dagegen verhindern das Einsinken in sumpfigen Böden.

Wie es sich in unterschiedlichen Landschaftstypen läuft, führt die Ausstellung mittels einer Boden- und Wandinstallation vor Augen. In einem interaktiven Gang wandeln Besucher durch vier verschiedene Landschaften, die durch Leuchtbilder, Vitrinen und Geräusche illustriert sind. In diesen Szenarien sind auch Tiere zu entdecken, deren Pfoten - anders als der menschliche Fuß - optimal an den Lebensraum angepasst sind: Man begegnet dort etwa dem Schneehasen, der dank seiner breiten, dicht behaarten Pfoten auch im tiefen Schnee bei klirrender Kälte höchst mobil ist.

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