Es ist erst die zweite Maschine ihrer Art in Deutschland: Für menschliche Hände ist es oft schier unmöglich, auf archäologischen Funden wie Keramikfragmenten, Glasscherben oder Feuersteinen mehrstellige Zahlen mit Tinte und Lack zu verewigen. Inventarnummern sind für eine wissenschaftliche Dokumentation archäologischer Fundstellen jedoch unerlässlich. Dabei hilft die neue Maschine.
Sanft und leise gleitet der stählerne Arm mit einem Surren hinunter. Der Kopf mit den Beschriftungsdüsen bewegt sich an der Schiene genau dorthin, wo eine mittelalterliche Keramikscherbe unter zwei Laserpunkten auf körnigem Untergrund liegt. Zwei Sekunden dauert es, dann haben die Tintenstrahler die Inventarnummer auf dem vorlackierten schmalen Streifen aufgetragen. Nur wenig länger hat Heike Paroglou (44) gebraucht, um zuvor alle wichtigen Informationen in den Computer einzugeben. Fundort, Fundstellennummer, Inventarnummer, Material des Fundstückes: Alles ist jetzt mit wenigen Handgriffen archiviert. Früher schafften fleißige Hände gerade einmal die Beschriftung von 40 bis 60 Funden pro Stunde. "Jetzt können wir deutlich mehr Fundstücke bewältigen - das ist ein gewaltiger Fortschritt", betont Dr. Birgit Münz-Vierboom als Leiterin der Zentralen Dienste bei den LWL-Archäologen.
Was ursprünglich für die Eierindustrie entwickelt und in Dresden erstmals für die Inventarisierung archäologischer Fundstücke entdeckt wurde, hat in Münster-Coerde eine ganz neue Bestimmung gefunden. "Wir können damit nicht nur die für die wissenschaftlich exakte Auswertung wertvoller archäologischer Fundplätze so wichtige Archivierung deutlich professionalisieren", schildert der LWL-Chefarchäologe Prof. Dr. Michael M. Rind. "Wir bieten damit auch Menschen mit Handicap ganz neue berufliche Möglichkeiten." Zusammen mit dem LWL-Integrationsamt ist damit ein ungewöhnliches Pilotprojekt wahr geworden.
Denn die Beschriftungsmaschine wird von vier neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedient, die aufgrund unterschiedlicher Beeinträchtigungen beruflich eingeschränkt sind. Das LWL-Integrationsamt Westfalen hat die Einrichtung der Arbeitsplätze erheblich unterstützt. Mittels einer betrieblichen Arbeitstrainingsmaßnahme lernen sie gerade die Maschine, ihre Funktionsweise und Eigenheiten kennen. Gemeinsam mit ihrer Arbeitstrainerin entwickeln sie die optimalen Arbeitsabläufe von der Vorbereitung der Fundstücke mit Klarlack über die eigentliche Beschriftung bis zur Archivierung. Mehr noch: "Es steht auch eine Besichtigung einer Ausgrabung auf dem Programm, und wir haben die gesamten Schritte von der Ausgrabung bis zur wissenschaftlichen Auswertung bereits kennen gelernt", erzählt eine aus dem neuen.
"Von der Ausgrabung bis zur Auswertung ist es wichtig, dass die Funde in ihrem Gesamtzusammenhang vereint bleiben", schildert Dr. Birgit Mecke vom Zentralen Fundarchiv. "Denn der Zusammenhang gibt wertvolle Aufschlüsse über den eigentlichen Fundort und die Bedeutung der eigentlichen Funde."