Schleswig-Holstein: Neues Denkmalschutzgesetz beschert Eigentümern mehr Rechte

Wirtschaftliche Interessen der Eigentümer müssen berücksichtigt werden

CDU und FDP setzten am 14. Dezember nach emotionaler Debatte im Kieler Landtag die umstrittene Neufassung des Denkmalschutzgesetzes durch. Die Opposition kritisierte, dass Kulturschätze des Landes den Lobby-Interessen der Haus- und Grundbesitzer geopfert würden. Weniger strittig waren die Einführung des Verursacherprinzips und des Straftatbestandes der ungenehmigten Suche nach Kulturdenkmalen mit Hilfe von Metalldetektoren.

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Denkmalschutzplakette
Bild: A. Brunn (CC BY-SA, Foto der Mauer: Thegreenj)

Am 14. Dezember hat die CDU/FDP-Koalition im Kieler Landtag gegen die Stimmen der Opposition eine Neufassung des Denkmalschutzgesetzes beschlossen. Die Novelle sichert Eigentümern deutlich mehr Rechte zu als bisher - im neuen Gesetz ist die Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Belange vorgeschrieben.

Heftige Kritik von Denkmalschützern und Kunsthistorikern

Schon im Vorfeld der Verabschiedung der Gesetzesnovelle war der Entwurf heftig kritisiert worden. So erklärte etwa Landeskonservator Michael Paarmann im November in einem Interview mit deutschlandradio: »Das ist schon ein Paradigmenwechsel, den dieser Gesetzentwurf beinhaltet. Bisher war es so, dass das Gesetz den Schutz der Denkmale in den Vordergrund stellte und die behördlichen Strukturen so wählte und Zuständigkeiten, dass eben auch ein wirksamer Schutz umgesetzt werden konnte. Der jetzige Entwurf stärkt die Rechte der Denkmaleigentümer, es ist nicht mehr das öffentliche Interesse das Wesentliche, sondern das Interesse des Betroffenen, das geschützt wird.« Der Eigentümer-Schutzverband »Haus & Grund« hingegen begrüßte die Absicht des Gesetzgebers, die wirtschaftlichen Belange der Eigentümer stärker als bisher zu berücksichtigen, ausdrücklich.

Baudenkmalpfleger und Kunsthistoriker hatten insbesondere den Ministervorbehalt kritisiert, nach dem das Kulturministerium der Unterschutzstellung eines Denkmals zustimmen muss, wenn dieses vor dem Jahr 1950 errichtet wurde. Die Kritik führte denn auch dazu, dass die Koalition diesen Passus änderte: die Zustimmung des Ministeriums soll jetzt bei Denkmälern notwendig sein, die nicht älter als 65 Jahre sind. Dr. Ralf Stegner, Fraktionsvorsitzender der SPD, hält diese Regelung für kurios: »Immerhin: Das durch absolut nichts begründbare Stichdatum 1950 ist weg. Stattdessen haben wir nun die 65 quasi als Rentenalter für Denkmale plus Einvernehmensklausel. Was passiert aber, wenn Ministerium und Landesamt unterschiedlicher Auffassung sind?«

Veränderte Zuständigkeiten

Die Gesetzesnovelle ändert die Zuständigkeit bei der Genehmigung von Bauvorhaben. Bisher war hierfür das Landesamt zuständig. Künftig sollen die unteren Denkmalschutzbehörden, also die Kreisverwaltungen, die Genehmigungen ausstellen. Das führe dazu, »dass es faktisch keinen landesweiten Standard im Denkmalschutz mehr geben wird«, kritisierte der Fraktionsvositzende von Bündnis 90 / Die Grünen, Robert Habeck, nach der Verabschiedung. »Die Veränderung eines Kulturdenkmals, die im Kreis x genehmigt werden kann, würde im Kreis y untersagt«, so Habeck weiter.

Schleswig-Holstein bleibt beim konstitutiven Verfahren

Das Land hält am sogenannten konstitutiven Verfahren fest. Dabei stehen Denkmale erst dann unter besonderem Schutz, wenn sie per Verwaltungsakt in das Denkmalbuch aufgenommen wurden. Die Eigentümer erhalten dazu einen amtlichen Bescheid und können innerhalb einer bestimmten Frist Einspruch einlegen. Die Regierungskoalition ist der Ansicht, auf diese Weise die Zahl von gerichtlichen Klagen niedrig halten zu können. Schleswig-Holstein ist eines von drei Bundesländern mit konstitutivem Verfahren. Alle anderen Bundesländer wenden das sog. deklaratorische Verfahren an, bei dem die Aufnahme in die Denkmalliste erfolgt, ohne dass zuvor ein Bescheid an die Eigentümer ergeht. Dr. Ralf Stegner (SPD) erklärte dazu, die Koalition privilegiere einseitig die wirtschaftlichen Interessen vor dem Denkmalschutz. ­»Das ist das Ende eines Denkmalschutzes in Schleswig-Holstein, der diesen Namen verdient«, stellte Stegner fest.

Einführung des Verursacherprinzips

Mit der Gesetzesnovelle gilt in Schleswig-Holstein künftig das Verursacherprinzip. Danach hat derjenige, der etwa durch ein Bauvorhaben ein archäologische Kulturdenkmal gefährdet, die Kosten für die wissenschaftliche Dokumentation zu tragen. Dazu zählen neben den Kosten für archäologische Prospektion und Ausgrabungen auch die Kosten für die Publikation der Ergebnisse - jedenfalls solange sie »im Rahmen des Zumutbaren bleiben«. Mit der Einführung des Verursacherprinzips kommt Schleswig-Holstein einer Verpflichtung zur Umsetzung des Europäischen Übereinkommens zum Schutz des archäologischen Erbes (Konvention von Valetta) nach. Ein weiterer gewichtiger Grund für die Einführung war schlicht finanzieller Natur: Das Bundesverkehrsministerium hatte angekündigt, bei Bauvorhaben von Bundesstraßen und Autobahnen die Kosten für archäologische Rettungsgrabungen nur noch in Bundesländern zu übernehmen, in denen das Verursacherprinzip gesetzlich verankert ist. Auf diesen Kosten wollte man in Kiel natürlich nicht sitzen bleiben.

Raubgrabung wird Straftatbestand

Der Einsatz von Metallsonden zur Suche nach Kulturdenkmalen ohne Genehmigung ist nach dem neuen Gesetz ein Straftatbestand, der mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe geahndet wird. Gleiches gilt allgemein für die Anwendung von Methoden, »die geeignet sind, Kulturdenkmale aufzufinden« und für die ungenehmigte Durchführung von Ausgrabungen und die Aneignung von Funden, also beweglichen Kulturdenkmalen. Diese und die zur Auffindung verwendeten Geräte sollen beschlagnahmt werden. Durch die Einziehung der Metalldetektoren, die nicht gerade billig sind, hofft die Koalition Wiederholungstaten zu verhindern. Die Festlegung auf das »höchste nach Landesrecht mögliche Strafmaß« soll der generellen Abschreckung von Raubgräbern dienen, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfes.