Archäologische Grabungen in Lutter

Vom Wildbeuter zum Bauern

Archäologenteams der Universitäten Strassburg und Basel graben zurzeit gemeinsam in einer Höhle in der elsässischen Gemeinde Lutter. Sie erhoffen sich neue Erkenntnisse über die Übergangszeit zwischen den letzten nomadisierenden Wildbeutern und den ersten sesshaften Bauern in der Oberrhein-Region vor rund 7500 Jahren. Am 1. August können Interesssierte die Grabung besichtigen.

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Schmuckstück aus Perlmutt von den Ausgrabungen in Lutter ("Kettenschieber"; Massstab in mm, um 4500 v. Chr.; Universität Basel)
Schmuckstück aus Perlmutt von den Ausgrabungen in Lutter ("Kettenschieber"; Massstab in mm, um 4500 v. Chr.; Universität Basel)

Im Rahmen einer Kooperation zwischen den Universitäten Strassburg und Basel findet zurzeit eine archäologische Ausgrabung im Abri St. Joseph im elsässischen Lutter statt. Hauptziel der Ausgrabung ist die Erforschung des Übergangs zwischen den letzten Wildbeutergesellschaften und den ersten Bauern in der Region südlicher Oberrhein.

Erste Sondierungen von 1983 hatten ergeben, dass das kleine Felsschutzdach (Abri) erstmals während der mittleren Steinzeit vor etwa 9000 Jahren als temporären Siedlungsplatz von Jägern und Sammlern aufgesucht wurde. Weitere Besiedlungsspuren stammen aus der frühesten Phase der Jungsteinzeit vor etwa 7500 Jahren, als die Menschen bereits erstmals ihre Nahrungsmittel durch den Anbau von Kulturpflanzen und die Haltung von Haustieren selber produzierten. Über diesen beiden Fundschichten wurden weitere Horizonte aus der Jungsteinzeit, der Bronzezeit, der Eisenzeit und der Römerzeit gefunden. Anlässlich der diesjährigen Ausgrabungskampagne werden Schichten der mittleren und frühen Jungsteinzeit (zwischen 4500 und 5500 v. Chr.) und der späten Mittelsteinzeit (um 6000 v. Chr.) ausgegraben.

Der Fundplatz liegt in einer Übergangszone zwischen dem elsässischen Sundgau und den ersten Solothurner Jurahügeln. Die Forschenden nehmen an, dass die frühesten Elsässer Bauern ihr Vieh während den Sommermonaten in den nahe gelegenen Jurahügeln geweidet haben. Das Abri St. Joseph könnte dabei als Unterschlupf für die Hirten gedient haben. Aufgrund der Bestimmungsergebnisse der Tierknochenfunde wurde von diesem Standort aus auch eine spezialisierte Jagd auf Pelztiere, wie Dachs, Marder oder Biber betrieben.

Um die Lebensweise während den verschiedenen Phasen des Überganges zwischen den letzten Wildbeutern und den ersten Bauern unserer Region rekonstruieren zu können, werden Ausgrabungssedimente systematisch geschlämmt. Dadurch werden auch kleinste, wenige Millimeter grosse Werkzeuge oder Schmuckstücke gefunden, welche von blossem Auge während der Ausgrabungen nicht erkannt werden können. Besonderes Augenmerk gilt dabei den botanischen und zoologischen Überresten in den Sedimenten. Zum Beispiel können verkohlte Getreidekörner gefunden werden, welche Auskunft darüber geben, welche Getreidearten angebaut wurden und ab wann diese Getreide in der Regio Basiliensis genutzt wurden.

Die Ausgrabung in Lutter wird von den Universitäten Strassburg und Basel als Lehrgrabung durchgeführt; sie ist ein Beispiel von vielen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Lehre und Forschung der Universitäten am Oberrhein. Studierende der beiden Universitäten haben die Möglichkeit, das "Ausgrabungshandwerk" zu erlernen. Die Kosten der Ausgrabung werden von der Universität Basel, dem französischen Kulturministerium und dem Département du Haut-Rhin getragen.

Tag der offenen Grabung

Diesen Samstag, 1. August 2009, sind Interessierte eingeladen, von 9.00 bis 17.00 Uhr die Ausgrabung Abri St. Joseph zu besichtigen. Die Besucherinnen und Besucher lernen die Arbeit der Archäologen und die aktuellen Ausgrabungstechniken kennen und erhalten einen Einblick in die Rekonstruktion der Lebensbedingungen der damaligen Bewohnerinnen und Bewohner.

Wegbeschreibung

  • Autobahn A2 Richtung Basel bis Autobahnausfahrt 6 (Verzweigung Hagnau)
  • weiter Richtung Delémont / Basel St. Jakob / Muttenz auf die Autobahn J18, Ausfahrt Reinach-Süd nehmen
  • weiter Richtung Therwil, dort in Richtung Biel-Benken, in Biel-Benken Grenzübertritt nach Frankreich
  • weiter nach Leymen und dort Richtung Liebenswiller, in Liebenswiller der Ausschilderung Richtung Oltingue folgen
  • in Oltingue weiter Richtung Lutter fahren
  • in Lutter der Hauptstrasse folgen bis zur grossen 90°-Kurve; nicht Richtung Wolschwiller fahren, sondern die Strasse geradeaus nehmen der geteerten Strasse bis zur Sägerei (scierie Schmidlin) folgen
  • geradeaus auf dem Waldweg weiterfahren - die Grabung liegt auf der linken Seite dieses Waldwegs, ca. 500 m nach der Sägerei