Ein neues Museum für einen alten Fundplatz

Inhaltliche Überlegungen

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Nachdem der Rahmen für die neue Ausstellung des Alamannenmuseums in Weingarten abgesteckt war, konnte die Planung des Inhalts konkrete Formen annehmen. Ein Großteil dieses Arbeitsabschnittes bestand darin zu überlegen, welche Aussagen und Unterthemen pro Themenstation getroffen werden sollen und welche getroffen werden können.

Der erste Entwurf zum Ausstellungsaufbau sah neun Themenstationen vor:

  1. Die Geschichte der Grabung
  2. Geschichte der Alamannen/Migration und Integration
  3. Forschung
  4. Waffen/ Männertracht und Ausrüstung
  5. Schmuck und Frauentracht
  6. Glaube und Religion
  7. Sprache und Schrift
  8. Handel
  9. Handwerk

Während das Material des Weingartener Gräberfeldes zu den meisten dieser Themen Informationen liefert, musste doch der 7. Punkt geändert werden. Die Sammlung beinhaltet zwar zwei Fibeln mit Runenritzungen, doch mit diesen zwei Objekten alleine ist das Thema „Sprache und Schrift“ nicht umfassend darzustellen.

Getreu dem Vorsatz, dass die Ausstellung ohne Leihgaben erstellt werden kann, erfolgte an dieser Stelle ein Tausch zugunsten einer Objektgruppe, die andernfalls zu kurz gekommen wäre: der Werkzeuge. Die neue Themenstation befasst sich mit dem Leben und Überleben im frühen Mittelalter, stellt Werkzeuge und Keramik aber auch Informationen zur Ernährung, Körperpflege und dem Leben auf dem Hof vor.

Die beiden Runenfibeln sollten jedoch auch unbedingt ihren Platz in der Ausstellung finden. Nachdem sie zunächst dem Themenbereich „Glaube und Religion“ zugeordnet wurden, stellte sich bald heraus, dass ihre Inschriften nicht als Zauber oder Ähnliches zu deuten sind. Eine weitere Idee, die Fibeln zum Thema „Schmuck und Frauentracht“ zu ordnen basierte auf der Interpretation einer der Inschriften. Die Ritzungen auf der Fibel aus Grab 272 könnten einigen Forschern (u. a. Klaus Düwel) zufolge als "Alirgunth, Feha schrieb" gelesen werden. Eine Runenschreiberin mit Namen Feha hätte sicher geholfen Ambiguitäten im Bild der frühmittelalterlichen Frau darzustellen. Doch das Risiko, dass diese außergewöhnlichen Fibeln in einer Station voller Fibeln und Schmuck "untergehen" war zu groß.

Letztendlich fand sich eine bessere Lösung. Eine eigene freistehende Vitrine mit Glassturz soll die kostbaren Stücke beherbergen . Auf diese Weise sind sie thematisch frei, nicht zu übersehen und ihrer Wertigkeit entsprechend herausgehoben.

Dieses Beispiel zeigt anschaulich die Probleme der Inventarplanung: Manche Stücke müssen unbedingt ausgestellt werden, wegen ihrer Kostbarkeit oder ihres außergewöhnlichen Charakters. In diesem Fall stellt sich die Frage, zu welchem Thema diese Objekte etwas beitragen. In anderen Fällen scheinen Themen besonders wichtig zu sein, aber es ist nicht direkt klar, anhand welcher Objekte die Besucher diese Themen gut erfassen können. Darüber hinaus müssen die Themen sinnvoll aufeinander aufbauen.

Die endgültige Gliederung sieht nun die neun Station wie folgt vor:

  1. Die Geschichte der Grabung: Das Gräberfeld
  2. Forschung: Früher und heute
  3. Geschichte und Identität der Alamannen: Migration und Integration
  4. Das Leben im frühen Mittelalter / Werkzeug, Keramik, Körperpflege: Das täglich Brot- Leben und Überleben - Alltag
  5. Waffen / Männertracht und Ausrüstung: Gerüstet für das Jenseits - Waffen
  6. Schmuck und Frauentracht: Schmückend und nützlich - Frauenschmuck
  7. Glaube und Religion: Ein Gott mehr- Religion. Christentum und Aberglaube
  8. Handel / Verkehr: Gekauft, getauscht, geschenkt? Handel
  9. Kunsthandwerk: Glänzende Arbeit - Handwerk

Ein besonderer Punkt zur Station 3 "Forschung" ergab sich aus einer Idee der Designerin Claudia Frey. Sie schlug vor, dem Besucher durch eine Glastür einen Einblick in das Magazin des Museums zu gewähren. Der Raum zeigt nicht nur die Fülle der Funde, sondern veranschaulicht auch die Aufgabe des Museums, die Funde zu erhalten und der Forschung zur Verfügung zu stellen.

Diese Präzisierung des Inhalts erlaubte nun weitere Arbeitsschritte, wie zum Beispiel die Überprüfung des Zustandes der Objekte und eine Zusammenstellung der möglichen Objekte zu jedem Thema.

Darüber hinaus konnten nun genauere Grundrisspläne zur Verteilung der Themen, die Planung von Baumaßnahmen sowie didaktische Überlegungen zu den Aktionsstationen in Angriff genommen werden. Den Verlauf der Planung können Sie hier weiter verfolgen.

Ein neues Museum für einen alten Fundplatz
Fünfteilige Artikelreihe zur Neukonzeption des Alamannenmuseums in Weingarten