Ludwig Ross

Holsteinischer Patriot – Wegbereiter der Archäologie in Griechenland – Unangepasster Gelehrter an der Universität Halle

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Wissenschaftsgeschichte

Ausstellung zu seinem 200. Geburtstag

Ludwig Ross kam 1845 nach Halle, um den gerade eingerichteten Lehrstuhl für Klassische Archäologie an der Friedrichs-Universität zu besetzen. Mit ihm wurde ein Gelehrter berufen, der sich in dreizehn Jahren Forschungstätigkeit in Griechenland bereits einen Namen gemacht hatte. Heute sind Ross’ Verdienste über einen engeren Kreis von Archäologen hinaus nur noch wenigen bekannt. Sein 200. Geburtstag soll Anlass sein, ihm stärkere Aufmerksamkeit zu widmen.

Ludwig Ross stammt aus Holstein, er wuchs auf einem Gut nahe Bornhöved auf und blieb seiner Heimat zeitlebens eng verbunden. Nach dem Studium der Philologie in Kiel trat er 1832 eine Stipendienreise nach Griechenland an, die sein weiteres Leben prägen sollte. Griechenland erlebte damals seine Gründerjahre als junger Nationalstaat, und die gebildete Öffentlichkeit Europas wandte sich mit besonderem Interesse diesem lange Zeit schwer zugänglichen Land zu. So bot sich dem Archäologen Ross ein reiches Aufgabenfeld.

Von König Otto zum Ephoros der Altertümer bestellt, erkundete er das Land, machte topographische Beobachtungen, sammelte zahlreiche Inschriften, unternahm erste Grabungen und sorgte für schnelle Bekanntmachung aller Entdeckungen. Dem unternehmungsfreudigen Königspaar wurde er ein geschätzter Reiseführer.

Ausgrabung der Akropolis

Das Mittelalter und die Zeit der osmanischen Herrschaft hatte die Akropolis von Athen zur Festung verwandelt - die Freilegung der darunter liegenden antiken Überreste erhielt Ludwig Ross übertragen. Seine Ausgrabungen waren methodisch wegweisend, indem er Schichtenbeobachtungen dokumentierte und historische Abfolgen daraus erschloss. Mit dem Niketempel wurde unter seiner Leitung zum ersten Mal ein antikes Bauwerk wiedererrichtet. Durch Ross’ liberalen Umgang mit wissenschaftlichen Ergebnissen sah sich aber das Kultusministerium in seiner Autorität angegriffen, der Konflikt führte zur Entlassung des unbequemen Forschers.

Die Rehabilitierung folgte bald durch die Übertragung einer Professur an der neugegründeten Athener Universität. Hier lehrte Ross von 1837-1843, bis nach politischen Umbrüchen alle Ausländer aus dem griechischen Staatsdienst entlassen wurden. Mit Unterstützung Alexander von Humboldts bemühte sich Ross um eine Anstellung in Deutschland, die er schließlich an der Universität Halle erhielt.

Doch bald schränkte eine schwere Krankheit seine Möglichkeiten an der neuen Wirkungsstätte ein. Sein anspruchsvolles Konzept für den Aufbau der Archäologischen Sammlung konnte er nur in Ansätzen verwirklichen. Mit großer Anstrengung verfasste Ross noch eine Reihe von Publikationen, in denen er seine Forschungsergebnisse aufarbeitete. Er entwickelte dabei weitreichende Thesen zum Ursprung der griechischen Kultur und ihren Verbindungen zum Orient. Was heute als wegweisend anerkannt wird, stieß zu seiner Zeit jedoch auf heftige Ablehnung.

Solange es ihm seine Kräfte erlaubten, nahm Ross im Kreis der liberalen Professoren an der halleschen Universität aktiv am bewegten politischen Zeitgeschehen teil. Mit dem Scheitern der Revolution von 1848/49 zerschlugen sich aber auch hier seine Hoffnungen. Am Ende seines streitbaren Lebens sah Ross sich Enttäuschungen und lähmender Krankheit ausgeliefert.

Aus der Redaktion

Der Artikel entstand im Rahmen der Ausstellung »Ludwig Ross. Holsteinischer Patriot – Wegbereiter der Archäologie in Griechenland - zu seinem 200. Geburtstag«, die im Jahr 2006 sowohl im Museum der Universität Halle und in der Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek gezeigt wurde.

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